Der Stuttgarter Immobilien- und Grundstücksmarkt bleibt hart umkämpft. Die Preise steigen mit bislang nicht erreichter Geschwindigkeit, heißt es beim Gutachterausschuss. Der Einfluss professioneller Anleger werde größer.

Stuttgart - Der Einfluss professioneller Anleger ist auf dem Stuttgarter Immobilienmarkt immer deutlicher zu spüren – inzwischen auch im Bereich der Eigentumswohnungen. Das ist eine der Kernbotschaften, die der Gutachterausschuss für die Ermittlung von Grundstückswerten am Dienstag verkündet hat. Und die zweite Botschaft: die Preise, egal ob für Miet- und Eigentumswohnungen oder für Ein- und Mehrfamilienhäuser, steigen weiter – und zwar mit bislang nicht gekannter Geschwindigkeit.

 

Auch einzelne Wohnungen werden für Anleger interessant

„Die Investoren haben sich in den vergangenen Jahren hauptsächlich für Mehrfamilienhäuser interessiert“, berichtet Karlheinz Jäger, der Vorsitzende des Ausschusses. „Doch diese Objekte sind inzwischen rar.“ So erklärt es sich, dass die Anleger verstärkt einzelne Wohnungen ins Visier nehmen. „Das ist einer der Gründe, weshalb die Preise so schnell steigen“, sagt Jäger. Aus Sicht der Investoren sind Immobilien in der Stadt eine sichere Geldanlage, erklärt der Vorsitzende. „In aller Regel werden die Objekte nach dem Kauf vermietet“, erklärt Jäger weiter.

Die Preise klettern in Stuttgart inzwischen mit einer immer rasanteren Geschwindigkeit. Bei Eigentumswohnungen wurde im vergangenen Jahr erstmals eine zweistellige Steigerungsrate erreicht. Stiegen die Preise 2012 im Schnitt immerhin schon um sieben Prozent, waren es 2013 satte elf Prozent. „Solche Raten kennen wir sonst nur aus München oder Hamburg“, berichtet Jäger.

Der Umsatz blieb stabil

Die Daten des Gutachterausschusses basieren auf tatsächlichen Vertragszahlen. „Wir werten die Verkäufe aus, die von den Notaren gemeldet werden“, sagt Jäger. Dadurch sei man deutlich näher am Geschehen als andere Analysten, die sich allein auf Angebotspreise stützen müssen. Im vergangenen Jahr wurden 5985 Vertragsabschlüsse gemeldet. Erstmals seit dem Jahr 2002 wurden in Stuttgart somit weniger als 6000 Verkäufe getätigt. Bemerkenswert: der Umsatz blieb dabei im Vergleich zum Vorjahr mit 2,57 Milliarden Euro stabil. „Das Angebot wird kleiner, die Nachfrage bleibt hoch. Das bedeutet, die Preise steigen an“, fasst Jäger die Situation zusammen. Die Preisspanne für Wohneigentum in der Landeshauptstadt geht währenddessen weiter auseinander. Die günstigsten Wohnungen kosten zwischen 600 und 800 Euro pro Quadratmeter. Der Spitzenwert wurde in den Halbhöhenlagen im Stuttgarter Norden erzielt. Eine Wohnung mit Baujahr 1984 wechselte dort vergangenes Jahr für 10 790 Euro je Quadratmeter den Besitzer. Der städtische Durchschnittspreis für Eigentumswohnungen lag 2013 hingegen bei 2190 Euro im Bestand und 3830 Euro für Neubauobjekte. „2013 wurde erstmals keine Neubauwohnung mehr unter 2000 Euro pro Quadratmeter verkauft“, so Jäger, „und das wird wohl auch in Zukunft so bleiben.“

Preissteigerungen von 110 Prozent

Während die Mieten in den vergangenen 25 Jahren stetig gestiegen sind, haben sich die Preise für Wohneigentum lange Zeit kaum bewegt. „Zwischen 1985 und 2005 hatten wir einen Anstieg bei Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern von gerade einmal 20 Prozent, was sehr moderat ist“, erklärt Karlheinz Jäger, „da sehen wir jetzt deutliche Nachholeffekte.“ Mehrfamilienhäuser haben dabei die deutlichste Preissteigerung hinter sich. „Im Vergleich mit dem Jahr 1985 sind die Preise um 110 Prozent gestiegen“, erklärt der Ausschussvorsitzende. Seit 2009 liegt der aktuelle Anstieg bei 35 Prozent.

In Bezug auf den Wohnungsmangel in Stuttgart könnte sich ein Faktor allerdings noch drastischer auswirken als die steigenden Preise. „Wir beobachten in den vergangenen Jahren beim Bauland geringe Verkaufszahlen und einen Rückgang des Flächenumsatzes“, erklärt der Ausschussvorsitzende. „Das kann auf eine künftig geringere Bautätigkeit hindeuten“, so Jäger.

Die Preise, davon sind die Experten überzeugt, werden auch in den kommenden Jahren weiter nach oben gehen. „Steigende Einwohnerzahlen, günstige Zinsen und die gute Wirtschaftslage sind die Gründe“, so der Vorsitzende. Die Gefahr einer Immobilienblase sieht Jäger jedoch nicht: „Es wird nicht zu viel auf Pump gekauft. Es gibt schlicht viele Menschen, die ihr Geld derzeit in Wohnungen investieren.“ Es seien eben mehr Anleger auf dem Stuttgarter Immobilienmarkt unterwegs als bisher.

„Was sicherlich fehlt, ist günstiger Wohnraum in der Stadt“, sagt Jäger zum Abschluss. Er denke in diesem Zusammenhang an das Konzept von Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne). „Gerade der soziale Wohnungsbau wurde zuvor jahrelang vernachlässigt“, erklärt der Vorsitzende.