Nach gut drei Jahren wechseln die Wohnungen der früheren LBBW Immobilien AG erneut den Besitzer. Der Augsburger Immobilieninvestor Patrizia verkauft die 19800 Wohnungen für 1,9 Milliarden Euro an die Deutsche Annington. 3700 der Wohnungen sind in Stuttgart.

Stuttgart - Um 465 Millionen Euro ist der Verkaufspreis für die Süddeutsche Wohnen (Südewo) innerhalb von drei Jahren gestiegen. Als das Konsortium um die Augsburger Patrizia Immobilien AG im Februar 2012 die frühere LBBW Immobilien mit einem Bestand von 21 000 Wohnungen kaufte, zahlte sie dafür 1,435 Milliarden Euro. Die Deutsche Annington hat die Südewo nun für 1,9 Milliarden gekauft – das Unternehmen bekommt 19 800 Wohnungen dafür. Für die Deutsche Annington, die ihren Sitz in Bochum hat, ist der Kauf eine Chance, sich stärker in Baden-Württemberg und Stuttgart zu positionieren. Der Mieterverbund Stuttgart befürchtet, dass die Mieten durch den Verkauf mittelfristig stark steigen – zumal die Sozialcharta für die Wohnungen Ende kommenden Jahres ausläuft.

 

Geplant sei der Verkauf nicht gewesen, betont man bei der Patrizia AG in Augsburg. Die Deutsche Annington habe von sich aus ein Gebot für die Südewo gemacht, und dieses habe man nach sorgfältiger Prüfung angenommen. Welchen Ertrag man bisher mit der Südewo erzielt hat, dazu äußerte sich Patrizia nicht – auch nicht im Bezug auf die Zu- und Verkäufe im Wohnungsbestand, der seit dem Kauf um etwa 1200 Wohnungen gesunken ist. In Augsburg betont man lediglich, dass man 89 Millionen Euro in die Wohnungen investiert habe, von denen mit 3700 der mit Abstand größte Teil in Stuttgart liegt. Bei den ehemaligen Wohnungen aus dem Bestand der LBBW Immobilien handelt es sich vor allem um preisgünstige Wohnungen; in der Landeshauptstadt liegt etwa die Hälfte im Nordbahnhofviertel. Des weiteren befinden gehören Ulm mit 1200 Wohnungen, Mannheim mit 1000, Karlsruhe mit 750 und Kornwestheim mit 700 zu den größten Standorten der Südewo.

Furcht vor höheren Mieten

Für Rolf Gaßmann, den Vorsitzenden des Mietervereins Stuttgart, ist klar, dass die Patrizia AG mit der Südewo ein Schnäppchen gemacht hat. Das Augsburger Immobilienunternehmen habe sich als langfristigen Bestandshalter verkauft und somit Politik und Öffentlichkeit belogen. „Die Frage ist nun, wer das Schnäppchen bezahlt“, sagte Gaßmann. Seiner Ansicht nach müssen sich die Mieter darauf einstellen, dass mittelfristig an der Mietpreisschraube gedreht werde.

Zwar betonten die Vertreter von Patrizia und Deutscher Annington, dass die Sozialcharta eingehalten werde, allerdings läuft diese Ende 2016 aus. Die Sozialcharta garantierte den Mietern unter anderem, dass die Südewo die Mieten für die Wohnungen in ihrem Bestand durchschnittlich nur maximal drei Prozent erhöhen kann. Fällt diese Reglementierung weg, dann bleibt den langjährigen Mietern nur noch die Klausel, wonach bei einem Verkauf der Käufer erst nach 20 Jahren wegen Eigenbedarf kündigen kann. „Das ist die einzige Sicherheit, die die  Mieter haben, allerdings nützt dieser Schutz nicht viel, wenn die Menschen die Mieterhöhungen nach Modernisierungen nicht bezahlen können“, warnt Gaßmann.

Energetische Modernisierungen sind vorgesehen

Bei der Deutschen Annington, die schon 1000 Wohnungen in Stuttgart bewirtschaftet, sieht man die Sorge der Mieter. Vorstandsmitglied Klaus Freiberg betont: „Wir sind Bestandshalter, keine Trader. Wir haben die Südewo gekauft, um die Wohnungen langfristig zu bewirtschaften. Wir verkaufen Immobilien nur, wenn sie aufgrund ihrer Lage zum Beispiel nicht zu uns passen.“ Darin unterscheide sich das Geschäftsmodell der Annington von dem der Patrizia. Dennoch, Mieterhöhungen schließt Freiberg nicht aus, diese werden sich aber am Mietspiegel orientieren und natürlich am Zustand der Wohnungen. „Wenn wir energetisch oder altersgerecht modernisieren, kostet die Wohnung anschließend auch mehr. Allerdings erhöht sich auch der Gegenwert der Wohnungen. Fakt ist: wir führen keine Luxusmodernisierungen durch“, sagte das Vorstandsmitglied von Annington.

Dennoch muss der Bochumer Immobilienkonzern in Stuttgart noch Überzeugungsarbeit leisten. Bei vielen Mietervereinen in Deutschland ist Annington dafür bekannt, in die Modernisierung, nicht aber in die Instandhaltung zu investieren. „Dieser Vorwurf hat vielleicht vor sechs Jahren gestimmt. Wir haben aber einen klaren Kurswechsel eingeleitet und investieren heute 31 Euro pro Quadratmeter. Das ist deutlich mehr als in der Sozialcharta vorgesehen“, sagte Freiberg. Gut die Hälfte der 31 Euro werde für Instandhaltung einkalkuliert, schließlich plane man langfristig.