Die ersten Gemeinden in Deutschland setzen auf den digitalen Bauantrag. Er soll das Verfahren vereinfachen und beschleunigen. Ganz ohne Unterschrift des Bauherrn geht es jedoch noch nicht.

Waldbrunn - Ein Bäcker, ein Metzger, eine Grundschule, ein Kindergarten und natürlich eine Kirche: Die 2700-Einwohner-Gemeinde Waldbrunn, wenige Kilometer hinter der bayerisch-baden-württembergischen Landesgrenze im Landkreis Würzburg gelegen, ist eigentlich ein ganz normales Dorf. Und Waldbrunn wird stetig größer: Die properen Neubaugebiete am nordöstlichen und südwestlichen Ortsrand künden von einem steten Zuzug, die Gemeinde erwirtschaftet Jahr für Jahr Überschüsse. Mit ein Grund für das Wachstum: Waldbrunn geht mit der Zeit – und hat im Sommer vergangenen Jahres den digitalen Bauantrag eingeführt. So etwas sucht man in Deutschland sonst fast überall noch vergebens.

 

Bauherren, die bereits über einen neuen Personalausweis mit Online-Funktionverfügen (ab 2020 ist der neue Ausweis Pflicht), können es sich sparen, für ihren Bauantrag seitenweise Planunterlagen zu unterschreiben. Stattdessen liest der Architekt den Ausweis in einem Lesegerät ein – und die Antragsunterlagen sind digital unterschrieben. Auch das anschließende Baugenehmigungsverfahren läuft ohne Papierkrieg und vollständig digital ab. Mithilfe eines Online-Zugangs können die Bauherren den aktuellen Bearbeitungsstand ihres Bauantrags jederzeit einsehen. Auch die Baugenehmigung wird in digitaler Form erteilt.

Ganz ohne Unterschriften des Bauherrn geht es noch nicht

„Schon in der Erprobungsphase war zu erkennen, dass wir einen erfolgversprechenden Weg eingeschlagen haben“, sagt Waldbrunns Bürgermeister Hans Fiederling. „Egal ob Bauherr, Bauträger, Architekt, Gemeinde oder Landratsamt – alle haben von den Vorteilen durch das neue Verfahren berichtet, wie etwa die schnellere Vorgangsbearbeitung und die laufend aktuelle Information zum Vorgangsstatus.“ In Waldbrunn kommt das Verfahren vorerst bei Bauanträgen nach dem Genehmigungsfreistellungsverfahren zum Tragen – also bei Bauvorhaben, die alle Vorgaben des Bebauungsplans einhalten und daher nicht gesondert geprüft werden müssen. Ganz ohne Unterschriften des Bauherrn geht es allerdings doch noch nicht: Zur Sicherheit wird parallel noch eine klassische Papierakte angelegt – falls die neue Technik doch einmal haken sollte. Die Vorgangsbearbeitung selbst finde aber vollständig auf elektronischem Weg statt.

Neben Waldbrunn kommt der digitale Bauantrag bereits in einigen wenigen weiteren Gemeinden in Deutschland zum Tragen, unter anderem auch in Baden-Württemberg: Die Stadt Ulm bietet ihren Bauherren ebenfalls seit Kurzem diese Möglichkeit. „Entwurfsverfasser können den Bauantrag über das Internet zu stellen“, heißt es dazu seitens der Stadt, die eigens ein „virtuelles Bauamt“ eingerichtet hat. „Der komplette Antrag samt eingescannter Dokumente, digitaler Bilder und Pläne kann online an die Hauptabteilung Stadtplanung, Umwelt, Baurecht zur Bearbeitung übermittelt werden.“

Daneben beteilige sich das Land an der Entwicklung eines entsprechenden Projekts durch die Metropolregion Rhein-Neckar, sagt Arndt Oschmann, Sprecher des zuständigen Wirtschafts- und Bauministeriums. Dass es noch nicht mehr Gemeinden sind, das Verfahren auch in Stuttgart noch nicht angeboten wird, hat mit technischen Schwierigkeiten zu tun. Rein rechtlich sei die elektronische Übermittlung des Bauantrags überall in Baden-Württemberg möglich, sagt Oschmann. „Ein Kardinalproblem dieses Verfahrens ist dabei die Handhabung der für den Antrag notwendigen umfangreichen Baupläne in digitalisierter Form.“

Mancher Bauherr hat noch Bedenken bezüglich der Datensicherheit

Abhilfe für dieses Problem verspricht ein intelligentes PDF-Formular für die Erstellung des digitalen Bauantrags, das die Firma Sixform aus Ansbach entwickelt hat und das auch in Waldbrunn zum Einsatz kommt. Die vielfältigen Angaben, die für einen solchen Antrag notwendig sind, werden hier mit Hilfe eines Ausfüllassistenten eingefügt. Der Architekt muss noch die fachlichen Informationen und Planunterlagen hinzufügen und kann den vollständigen Bauantrag dann mithilfe eines sogenannten E-Kuverts verschlüsselt über eine De-Mail-Adresse an die Gemeinde weiterleiten.

Damit das neue digitale Verfahren funktionieren kann, müssen aber natürlich nicht nur die technischen und organisatorischen Voraussetzungen stimmen: Alle Seiten – Gemeinde und Landratsamt, Bauherr, Bauträger und Architekt – müssen sich auch darauf einlassen, etwas Neues zu probieren. Vor allem Architekten, die ihre Bauanträge seit Jahrzehnten in Papierform gestellt haben, sind dem neuen Verfahren gegenüber oftmals wenig aufgeschlossen. Und auch mancher Bauherr hat Bedenken bezüglich der Datensicherheit – und stellt seinen Bauantrag lieber auf klassische Art und Weise.

Solche Sorgen seien jedoch unbegründet, heißt es bei Sixform. An den zentralen, via Online-Portal zugänglichen Stellen finde keine Datenhaltung statt – und wo keine Daten sind, können schließlich auch keine gestohlen werden. Und die Antragsunterlagen würden vor dem Versenden verschlüsselt. Waldbrunns Bürgermeister Fiederling appelliert an Bauherren und Architekten, von der neuen Möglichkeit Gebrauch zu machen: „Nur so können wir den zunehmenden Gefahren im Internet begegnen und gleichzeitig vom Papiervorgang mit einer handschriftlichen Unterschrift wegkommen.“

Digitalisierung erfasst Immobilienwelt

Immer mehr Bauherren nutzen beispielsweise Smartphone-Apps als Nachschlagewerke für planerisches und handwerkliches Know-how, führen mit digitaler Unterstützung ein Bautagebuch oder simulieren bereits vor dem Einzug in das neue Heim die Gestaltung der Inneneinrichtung am Computer.

Laut Angaben der BHW Bausparkasse nutzen außerdem bis zu 50 000 Handybesitzer Smart-Home-Apps, die die Steuerung von Geräten im Haus via Smartphone ermöglichen. Die digitalen Helfer spüren zum Beispiel Energiefresser im Haushalt auf oder steuern technische Anlagen wie Heizung oder Jalousien aus der Ferne. „Die Downloadzahlen von Apps rund um die eigene Immobilie werden mittelfristig stark steigen“, erwartet BHW-Experte Tim Rehkopf. „Auch im Bereich von Bausparen und Baufinanzierung gibt es vielseitige Möglichkeiten für Lern- und Planungsprogramme.“ Solche Anwendungen hätten das Potenzial, zum Standard zu werden.