Die Immobilienpreise in Stuttgart steigen weiter. Eine Trendwende können Experten nicht erkennen. Im Bestand sind noch immer zweistellige Steigerungsraten an der Tagesordnung.
Stuttgart - Was kostet eine Immobilie in Stuttgart wirklich? Die Preise aus Internetportalen und Inseraten spiegeln lediglich den Wunsch der Verkäufer wieder. Was jedoch tatsächlich bezahlt wird, wissen meist nur die Notare. Allein der städtische Gutachterausschuss hat Zugriff auf diese Daten. Diese Zeitung präsentiert jedes Quartal die Preisentwicklung am Immobilienmarkt auf Basis dieser Zahlen.
Auf dem überwiegenden Teil des Wohnungsmarkts sind heftige Preissprünge zu beobachten. „Beim Wiederverkauf sind die Steigerungsraten zweistellig“, erklärt Martin Weller, der stellvertretende Vorsitzende des städtischen Gutachterausschusses. „Es ist keine Trendwende in Sicht.“ 642 Eigentumswohnungen wurden im zweiten Quartal 2016 im Bestand verkauft. Dabei lag der Mittelwert mit 3085 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche erstmals über der Marke von 3000 Euro. Zum Vergleich: Im zweiten Quartal des Vorjahres lag dieser Wert noch bei 2667 Euro.
Auch die Extremwerte sind beeindruckend. In der Spitze wurden 9776 Euro pro Quadratmeter bezahlt. Dabei handelte es sich um eine Wohnung in Stuttgart-Mitte, auch im Norden wurden 9261 Euro bezahlt. „Das waren entweder Objekte auf der berühmten Halbhöhe oder kernsanierte Wohnungen“, erklärt Weller. Der niedrigste bezahlte Preis lag bei 941 Euro pro Quadratmeter. „Das war der einzige Wert im dreistelligen Bereich“, sagt Weller. Auch wenn es sich bei diesen günstigsten Wohnungen meist um renovierungsbedürftige Objekte handelt, so waren Werte von weniger als 1000 Euro in der Vergangenheit noch regelmäßig in der Stadt zu finden. „Doch das wird seltener“, sagt der Gutachter.
Lässt man die zehn niedrigsten Preise von insgesamt mehr als 600 Verkäufen im zweiten Quartal als statistische Ausreißer außer Acht, ergibt sich ein Minimalwert von 1460 Euro. Zum Vergleich: Im Gesamtjahr 2014 lag der Mittelwert aller verkauften Bestandswohnungen etwa in Hedelfingen lediglich 400 Euro über dieser Marke. Im zweiten Quartal 2016 wurden dort im Mittel im Übrigen bereits knapp 2400 Euro pro Quadratmeter bezahlt.
Viele Neubauwohnungen außerhalb der Innenstadt
Im Bereich Neubau sticht im zweiten Quartal des laufenden Jahres in erster Linie die Anzahl der Vertragsabschlüsse ins Auge. 214 neue Eigentumswohnungen wurden von April bis Juni veräußert – im selben Zeitraum des Vorjahres waren es lediglich 147 Einheiten, im ersten Quartal des laufenden Jahres 132 Wohnungen. Auch die Verteilung der Neubauobjekte hat sich verändert. Lag in jüngster Vergangenheit stets die Innenstadt mit Projekten wie dem Rosenberg im Westen oder dem Villengarten im Norden zahlenmäßig an der Spitze, so wurde das Gros der neuen Wohnungen nun in Feuerbach (48), Zuffenhausen (35) und Möhringen (45) verkauft. Der Stadtbereich Nord, dazu zählen die Gutachter neben Feuerbach und Zuffenhausen noch Stammheim, Weilimdorf und Zazenhausen, liegt in diesem Quartal mit insgesamt 84 Verkäufen deutlich vor dem Bereich Mitte mit 57 Abschlüssen.
Diese veränderte räumliche Verteilung der Verkäufe wirkt sich spürbar auf den Mittelwert aller verkauften Neubauwohnungen aus, denn die Preise in den Außenbezirken liegen deutlich hinter denen in der Innenstadt zurück. Der Mittelwert für die gesamte Stadt liegt im zweiten Quartal bei 5064 Euro pro Quadratmeter – im zweiten Quartal 2015 waren es 4969 Euro, im ersten Quartal 2016 jedoch 5365 Euro.
Für den Bereich Mitte ist der Mittelwert allerdings von 5508 Euro (Quartal zwei des Vorjahres) auf 6426 Euro (Quartal zwei 2016) nach oben geschnellt. Auch im Bereich Nord ist der Wert im selben Zeitraum von 3943 Euro auf 4270 Euro geklettert. „Der kleinere Mittelwert für die Gesamtstadt begründet sich somit mit der unterschiedlichen Verteilung der Verkäufe in der Stadt und nicht mit grundsätzlich sinkenden Preisen“, erklärt Martin Weller.
Der erwartete Rekordwert von mehr als 17 000 Euro pro Quadratmeter wurde nicht erreicht. Für dieses Objekt, ein Neubau an der Robert-Bosch-Straße im Norden der Innenstadt, wurde offenbar noch kein Käufer gefunden. Mit 11 902 Euro liegt dafür erneut eine Einheit im Luxushochhaus Cloud No 7 auf Platz eins der Liste.
Mit dieser Entwicklung erobert die Landeshauptstadt bundesweit den Spitzenplatz. Den Zahlen der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte zufolge sind die Kaufpreise für Neubauwohnungen in Stuttgart von 2010 bis 2015 um 62 Prozent gestiegen. Auf den weiteren Plätzen folgen München mit einer Steigerung von 56 Prozent, Köln (52 Prozent), Dortmund (48 Prozent) und Berlin (45 Prozent). Bei den absoluten Preisen liegt Stuttgart mit mehr als 5000 Euro deutschlandweit hinter München mit 6300 Euro pro Quadratmeter auf Rang zwei der teuersten Städte.