Das Filetstück in der City gegenüber dem Stuttgarter Hauptbahnhof soll für 101 Millionen Euro den Besitzer wechseln. Was hat der neue Hausherr damit vor?

Stuttgart - Kurz vor dem Jahreswechsel ist ein spektakuläres Immobiliengeschäft in der Landeshauptstadt über die Bühne gegangen, der in der Branche als „Deal des Jahres“ gehandelt wird: Die Bahnhofplatz-Gesellschaft trennt sich von den Gebäuden Arnulf-Klett-Platz 1-3, sowie Königstraße 2, in der Öffentlichkeit besser bekannt unter dem mittlerweilen getilgten Namen „Hindenburgbau“. Ebenfalls Bestandteil des Verkaufs ist die sogenannte Hofüberbauung Stephanstraße. Käufer ist die Zentrum 01 GmbH, eine Gesellschaft hinter der die Ferdinand Piëch Holding und die Piëch Holding stehen.

 

Die neue Gesellschaft ist ausweislich des Handelsregisterauszuges im Oktober 2015 gegründet worden. Geschäftszweck sei „der Erwerb, das Halten, sowie die Verwaltung und die Verwertung von Immobilien und Beteiligungen“. Geschäftsführer ist Ferdinand Piëch, der 1965 geborene Sohn des gleichnamigen ehemaligen Vorstandsvorsitzenden und Aufsichtsrats-Chefs von Volkswagen. Zuletzt hatte der Immobilienunternehmer durch die Übernahme der Calwer Passage von sich Reden gemacht. Wie andere Gesellschaften von Piëch residiert auch die Zentrum 01 GmbH an der Königstraße 19 a.

Kaufvertrag stammt vom 9. November

Geregelt wird das Geschäft in einem Kaufvertrag, dessen ursprüngliche Fassung vom 9. November 2015 stammt. Vorstand und Aufsichtsrat der Bahnhofplatz-Gesellschaft haben ihren Anteilseigner empfohlen, dem Geschäft zuzustimmen. Dazu trat eine außerordentliche Hauptversammlung der bisherigen Eigentümergesellschaft am 29. Dezember in Stuttgart zusammen. Einziger Tagesordnungspunkt war das Grundstücksgeschäft im Herzen der City. Nach Darstellung der Bahnhofplatz-Gesellschaft in der Einladung zu der Versammlung sei die Ferdinand Piëch Holdung „hinsichtlich eines möglichen Verkaufs des sog. Hindenburgbaus“ an die Gesellschaft herangetreten. In den Gesprächen sei deutlich geworden, dass die Holding Interesse auch an den weiteren Gebäuden habe, die nun Gegenstand des Geschäfts sind. Piëch sei „dabei angesichts der allgemeinen Situation an den Finanzmärkten bereit, einen aus Sicht von Vorstand und Aufsichtsrat außergewöhnlich hohen Kaufpreis zu zahlen“. Im Herbst habe man sich schließlich auf eine Summe von 101 Millionen Euro geeinigt. Ein bei der Frankfurter BNP Paribas Real Estate Consult in Auftrag gegebenes Gutachten habe ergeben, dass der Verkehrswert der Grundstücke unter dem vereinbarten Kaufpreis liege.

LBBW hat das Sagen bei der Bahnhofplatz-Gesellschaft

Die Bahnhofplatz-Gesellschaft AG gehört zur Immobiliengruppe der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), die mehr als 93 Prozent der Aktien hält. Der Rest ist im Streubesitz. Die operative Leitung der reinen Besitzgesellschaft ohne eigenes Personal liegt bei einer LBBW-Immobilientochtergesellschaft. 2014 erzielte die AG ein Ergebnis von fast 3,3 Millionen Euro. Für 2015 und 2016 wurde von einem Ergebnis vor Ertragssteuern in Höhe von 2,8 Millionen Euro ausgegangen.

Weder die LBBW noch die Zentrum GmbH waren am Mittwoch für eine Stellungnahme zu erreichen.

Das Gebäude, das seinen Namen verlor

Das Gebäude gegenüber dem Hauptbahnhof ist 136 Meter lang und gilt als eines der Wahrzeichen Stuttgarts.Es wurde in den 1920er Jahren von Paul Schmohl, Georg Staehlin, Albert Eitel und Richard Bielenberg geplant – und sollte als Gegengewicht zum Hauptbahnhof von Paul Bonatz eigentlich größer werden. Letztlich wurden 1926 bis 1928 aber nur drei statt der geplanten sieben Geschosse gebaut. Auf dem Dach war in einer Kuppel das Planetarium untergebracht.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude teilweise zerstört und 1948/49 wieder aufgebaut – nun mit fünf Stockwerken, wobei die oberen Geschosse gegenüber den unteren etwas zurückgesetzt wurden. 2005 und 2006 wurde das Gebäude um ein weiteres Stockwerk erhöht. Dadurch kamen rund 1700 Quadratmeter Bürofläche hinzu.

SÖS/Linke drang auf eine Umbenennung

Insgesamt weist das Gebäude 19 702 Quadratmeter Gewerbefläche auf, die von Fachgeschäften, Gaststätten, Büros und Praxen genutzt werden. Nach einer Auflistung des bisherigen Eigentümers Bahnhofplatz-Gesellschaft Stuttgart AG werden 36 Prozent als Büro- und Praxisflächen genutzt, 46 Prozent sind Verkaufsflächen, sieben Prozent werden von Gastronomie belegt, rund elf Prozent sind Lager.

2009 unternahm die SÖS/Linke im Gemeinderat den Vorstoß, das Gebäude umzubenennen. Paul von Hindenburg, der ehemalige Reichspräsident, der Hitler zum Reichskanzler ernannte, habe als Feind der Demokratie im Stadtbild und auf der Ehrenbürgerliste nichts zu suchen. Stattdessen sollte der Hindenburgbau nach einer demokratischen Persönlichkeit benannt werden: Carl von Ossietzky, Willi Bleicher oder Clara Zetkin. Als der Gemeinderat 2010 Hindenburg die Ehrenbürgerwürde aberkannte, wurde der Schriftzug „Hindenburgbau“ abmontiert. Einen neuen Namen erhielt der Bau nicht.