Die Bundesregierung will die Vergabe von Immobilienkrediten strenger regeln – und sich so gegen eine mögliche Immobilienblase wappnen. Die Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch unterstützt das, doch eine Überhitzung der Märkte sieht sie nicht.

Frankfurt/Main - Die Deutsche Bundesbank sieht zurzeit keine generelle Überhitzung an den Immobilienmärkten in Deutschland. Gleichwohl fordert sie den Gesetzgeber auf, präventiv zu handeln.

 
Frau Buch, der Gesetzgeber will auf eine Immobilienblase vorbereitet sein. Sieht die Bundesbank eine akute Gefahr, dass die Immobilienmärkte überhitzen?
Natürlich beobachten wir die Risikolage sehr genau. Denn Erfahrungen mit Finanzkrisen zeigen, dass von Überhitzungen am Markt für Wohnimmobilien erhebliche Risiken für die Finanzstabilität ausgehen können. Dieses Risiko ist insbesondere dann vorhanden, wenn der Erwerb von Immobilien in hohem Maße über Kredite finanziert wird und Standards der Kreditvergabe aufgeweicht werden. In Deutschland sind die Wohnimmobilienpreise zwar in den vergangenen Jahren stark gestiegen, vor allem in den Ballungszentren. Allerdings sehen wir keine klaren Anzeichen für eine exzessive Kreditvergabe oder Abschwächung der Standards.
Weshalb bedarf es dann gesetzlicher Regelungen?
Mit den Instrumenten, die der Gesetzgeber jetzt schaffen will, soll die Bankenaufsicht in die Lage versetzt werden zu reagieren, wenn die Entwicklung besorgniserregende Formen annimmt. Die Aufsicht könnte dann Mindestanforderungen für die Vergabestandards von Neukrediten setzen. Aber die Instrumente würden mit Inkrafttreten des Gesetzes keinesfalls aktiviert, sondern stünden nur für den Fall zur Verfügung, dass sich eine Kredit-Preisspirale aufbaut.
Führt solch ein Gesetz nicht zu neuer Verunsicherung? Wenn sich die Regierung auf Preisblasen bei Immobilien einstellt, kann das Immobilienkäufer und Märkte irritieren.
Dies sehe ich nicht so, im Gegenteil. Die neuen Instrumente sollen dazu beitragen, weiterhin die Stabilität der Märkte zu gewährleisten. Denn diese Instrumente hätten das Ziel, den Ausfall von Krediten weniger wahrscheinlich zu machen und die damit verbundenen negativen Wirkungen für Haushalte und Banken zu begrenzen. Wohnimmobilienkredite machen gut 70 Prozent der Verbindlichkeiten von Privathaushalten aus. Für die Banken sind diese Kredite ebenfalls sehr bedeutsam. Wenn die Zinsen plötzlich stiegen oder sich die Immobilienpreise anders entwickelten als erwartet, könnte es zu einer Negativspirale kommen und die Realwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen werden. Das sollen die neuen Instrumente verhindern.
Können Notfallinstrumente, die auf Vorrat beschlossen werden, wirklich eine Immobilienkrise verhindern?
Ziel ist es, einer Verschlechterung der Kreditvergabestandards frühzeitig entgegenzuwirken. In jedem Fall könnten die Instrumente nur dann aktiviert werden, wenn die Finanzstabilität in Gefahr wäre. Aktuell geht es – rein präventiv - um die Einführung der Instrumente, nicht um deren Aktivierung.
Einzelne Bankenverbände sagen, die Vergabe von Baufinanzierungen wurde durch die Richtlinie zu Wohnimmobilienkrediten gedrosselt, die seit Frühjahr 2016 gilt. Vor allem junge Familien und ältere Menschen bekämen seit einigen Monaten nur schwer einen Kredit. Was sagt die Deutsche Bundesbank?
Die angesprochene Richtlinie zu Wohnimmobilienkrediten hat mit dem Thema Finanzstabilität nicht direkt zu tun. Das Ziel der Richtlinie ist ein verbesserter Verbraucherschutz. Die uns vorliegenden Daten zeigen übrigens keinen Rückgang bei der Vergabe von Wohnimmobilienkrediten insgesamt seit Inkrafttreten der Richtlinie. Im Gegenteil: Die Statistiken der Bundesbank weisen jährliche Steigerungsraten von gut drei Prozent bei den Wohnimmobilienkrediten an private Haushalte aus. Wir sehen gegenwärtig in den Statistiken keine Besonderheiten.