Der Wohnungsmarkt ist so angespannt wie selten zuvor. Kann die Kommunalpolitik das ändern? Eine Podiumsdiskussion im Haus der Wirtschaft hat nach Antworten gesucht.

Stuttgart - Im Rahmen der Stuttgarter Immobilienmesse haben Stadträte und Fachleute am Sonntag im Haus der Wirtschaft über die Möglichkeiten kommunaler Wohnungspolitik diskutiert. Wie angespannt die Lage ist, verdeutlichte Sven Hahn, Titelautor der Stuttgarter Nachrichten, der die Diskussionsrunde moderierte, gleich zu Beginn: Für eine 100 Quadratmeter große Wohnung in der Innenstadt zahle man derzeit gut und gerne 700 000 Euro, sagte Hahn.

 

Die Preise sind enorm gestiegen und scheinen ungebremst weiter nach oben zu streben. Vielen Kaufwilligen geht da trotz eines historisch niedrigen Zinsniveaus mit Angeboten von inzwischen unter einem Prozent für eine zehnjährige Finanzierung schlicht die Luft aus.

Bezahlbar neu definieren

Wie könne man die Situation ändern, wollte Hahn von der Runde wissen. „In Stuttgart fehlt es eben nicht nur an Grund und Boden“, sagte Marc Bosch, Vorstand des Vereins Immobilienwirtschaft Stuttgart. Auch die Topografie sei ein Problem. Man müsse den Begriff „bezahlbarer Wohnraum“ neu definieren, dürfe sich dabei aber keinen Illusionen hingeben.

1800 Wohnungen will die Stadt jedes Jahr neu bauen. Dieses Ziel hat Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) gesetzt. Ein realistisches Unterfangen, findet die grüne Stadträtin Silvia Fischer. „Wir wollen und werden das schaffen“, sagte sie. SPD-Stadtrat Martin Körner forderte, die „Zeitstufenliste Wohnen“ der Stadt ohne Abstriche abzuarbeiten: Dabei handelt es sich um eine Übersichtsliste, die zeigt, wo und wann neue Bauprojekte möglich sind.

Darüber hinaus gelte es, über regionale Wohnungsbaugesellschaften nachzudenken. „Wir brauchen in Stadt und Region einen Konsens darüber, wo neue Wohnungen entstehen sollen“, so Martin Körner. Mittelfristig sei es machbar, den Bestand kommunaler Wohnungen von heute 19 000 auf 30 000 zu erhöhen.

Konsens in Region erzielen

Jürgen Zeeb, Stadtrat der Freien Wähler, verwies auf die beschränkten Mittel der Kommune. So sei es Bundesgesetzen anzulasten, wenn Anreize für private Investoren fehlten. Er habe den Eindruck, dass Eidechsen wichtiger als Wohnraum seien – gegen diese „Berliner Schiene“ könne man nichts ausrichten. Auch werde die Landesbauordnung immer komplizierter, sagte der Architekt Zeeb und verwies auf Vorschriften für überdachte Fahrradstellplätze. Zeeb sagte, man solle sich auch kleinere Bauflächen ansehen: „Nicht überall baut man gleich eine Luftschneise zu.“

Bundespolitik bestimmt

Auch Robert Göötz, Professor für Immobilienwirtschaft aus Geislingen, sieht den Spielraum der Kommunalpolitik begrenzt. „Sie müssen die Suppe auslöffeln, die Bundes- und Landespolitik Ihnen einbrocken“, sagte er zu den Stadträten. Aber es gebe Möglichkeiten: So könne man Freiflächen zwischen den Kommunen nutzen. Zwischen Weilimdorf und Ditzingen etwa gebe es Flächen mit Baupotenzial. Göötz plädierte für eine „gesunde Stadtgesellschaft“: Diese müsse es auch Krankenschwestern und Müllmännern ermöglichen, hier zu wohnen.

Die Frage, wie eine solche Stadtgesellschaft machbar sei, konnte Marc Bosch nicht beantworten. Wie Robert Göötz plädierte auch er für mehr Kooperation zwischen den Kommunen. Man müsse über Landes- und Kreisgrenzen hinausdenken. „Jede Stadt denkt für sich, aber niemand für die Region“, so Bosch.