Besucher eines Festivals holen sich einen Piks ab. Bei der Werbung fürs spontane Impfen hapert es offenbar.

Stuttgart - Erst einmal ging es bergauf. Und wer dann die 60 Stufen im Parkhaus Züblin hinter sich gebracht hatte, konnte sich auf Ebene 4 am Wochenende an drei Tagen mit Biontech oder Johnson & Johnson gegen Corona impfen lassen. Ohne Anmeldung und ohne Termin. Ein niederschwelliges Angebot ohne große Hürden.

 

Vor allem Bewohner des Viertels kommen vorbei

Die Idee kam von Stefan Kraft vom Kulturbüro Sorglos, einem der Mitveranstalter des Bunten-Beton-Festivals, das von Donnerstag bis Sonntag mit deutsch- und englischsprachiger Popmusik, Neoklassik, HipHop, Dada Pop, Kinderkonzert bis hin zu einem zu einem Singer-Songwriter-Abend im Parkhaus gastierte. „Für uns war es wichtig, dass Bewegung in die Sache kommt und man hier eine breite Klientel für das Impfen gewinnen kann“, sagt Kraft. Aus allen Schichten rund um das Viertel seien Leute gekommen. Das Parkhaus kenne schließlich jeder. Auch ein Trompeter und ein Hip Hopper hätten sich vor ihren Auftritten mit den schützenden Wirkstoffen pieken lassen.

Pro Tag 80 Impfungen gemacht

Die 60 Stufen sind nämlich nicht die Hemmschwelle gewesen auf dem Weg zur Impfung. „Die Anmeldung im Internet oder das Fahren zum Impfzentrum hat viele bislang abgehalten“, sagt Kraft. Im Züblin-Parkhaus sei man aber nah dran am Leben. Maximal 200 Besucher und Besucherinnen waren bei den Konzerten erlaubt, die man in Liegestühlen verfolgen konnte oder die Musik direkt auf einen Kopfhörer gespielt bekam. „Es war vor allem eine Bühne für neue Bands“, sagt Theresa Kern von der Rosenau Lokalität und Bühne.

Rund 80 Menschen nahmen das Impfangebot pro Tag an. Ein Besucher hat sogar ein Gedicht vorgetragen, in dem er konkret Impfgegner anspricht. „Es war schon was Besonderes für die Menschen hier“, sagt Sucy Pretsch, die seit einem halben Jahr im Impfzentrum im Robert-Bosch-Krankenhaus (RBK) arbeitet. Raphaela Digel, Arzthelferin im RBK, hätte sich mehr Besucher gewünscht. „Beim nächsten Mal müssen wir im Vorfeld noch mehr Werbung machen“, sagt Digel. Man könne zum Beispiel die umliegenden Kaufhäuser anbinden oder Lautsprecherdurchsagen machen.

Auch Prostituierte lassen sich impfen

Digel hat am Samstag noch einige Flyer selbst verteilt – auch an Prostituierte in den Etablissements der Leonhardstraße. Einige seien auch gekommen. „Impfen ist auch Vertrauenssache. Da hilft die direkte Ansprache“, sagt die Arzthelferin. Unterstützung gab es auch von Seiten der Zuhälter, die sogar noch weitere Flyer kopiert hätten.