Angesichts der Dynamik des technologischen Fortschritts muss Baden-Württemberg mehr öffentliches Geld für Forschung und Entwicklung ausgeben, fordert Redakteur Arnold Rieger.

Stuttgart - Für Baden-Württemberg passt eine Redensart besonders gut: Das Bessere ist der Feind des Guten. Denn wenn es eine landestypische Eigenschaft gibt, dann die, mit dem Erreichten nie zufrieden zu sein. Man lehnt sich hierzulande ungern zurück, und das ist sicher einer der Gründe für den wirtschaftlichen Erfolg. Insofern könnte man das Impulspapier des Technologiebeauftragten leicht als Selbstansporn abtun, eine übertrieben grau gemalte Wirklichkeit, damit es der Landesregierung nicht zu wohl wird. Doch das hieße, die Augen zu verschließen vor der Dynamik des technologischen Fortschritts.

 

Der Berater der Landesregierung beschreibt eine fast paradoxe Situation. Einerseits gibt er dem Südwesten Bestnoten und bescheinigt Wirtschaft und Wissenschaft, global auf vielen Feldern ganz vorne mitzuspielen. Andererseits erkennt er Anzeichen für Stagnation und Selbstzufriedenheit. So erweist sich bei näherer Betrachtung, dass die sagenhaft hohen 4,9 Prozent, die im Land vom Bruttoinlandsprodukt für Forschung und Entwicklung abgezweigt werden, im Wesentlichen den großen Unternehmen zu verdanken sind. Der Appell an die Regierung, die öffentlichen Investitionen zu erhöhen, ist deshalb wohl begründet. Auch auf dem Feld der Bildung ist längst nicht mehr alles Gold, was glänzt, wie mehrere Studien zeigen.

Aufgeschlossen für technologischen Fortschritt

Der Ministerpräsident nimmt diese Appelle in einer Phase zur Kenntnis, in der er für die Dynamik des technologischen Fortschritts aufgeschlossener ist denn je. Erst kürzlich musste er etwa in Kalifornien lernen, welch gewaltige Dimension die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz dort angenommen hat – privatwirtschaftlich getrieben. Wenn er nun davon spricht, das Land müsse „investieren, was das Zeug hält“, dann ist dies ein Reflex darauf. Und der ist zweifellos richtig, denn nirgendwo sind Landesgelder besser aufgehoben als bei Forschung und Entwicklung. Die Kunst wird sein, dabei die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Denn überall wird Baden-Württemberg nicht mithalten können.