In Denkendorfer Autowerkstatt Schrauberkurse speziell für Frauen

Unter dem Titel „Schraub, Mädchen!“ gibt die 37-jährige Anna Matuschek in ihren Kursen in Denkendorf Tipps, wie die Teilnehmerinnen kleine Reparaturen und Serviceleistungen selbst erledigen können. Foto: /Caroline Holowiecki

Anna Matuschek ist Automechanikerin. In Denkendorf gibt sie Kurse speziell für Frauen, in denen die Teilnehmerinnen das kleine Auto-Einmaleins lernen.

Denkendorf - Erst mal rein in die Wohlfühlklamotte. Anna Matuschek hüpft aus ihrer Röhrenjeans in eine weite graue Hose. Dass die dreckig und ziemlich abgewetzt ist, stört die 37-Jährige nicht. „Meine Kuschelhose“, sagt sie grinsend. Aufs Sofa geht’s in dem Look allerdings nicht. Der grüne Mercedes W124 will hergerichtet werden. Anna Matuschek, eine zierliche Frau mit einem langen Zopf, macht das selbst. Sie ist gelernte Auto-Mechanikerin. Ihr Gesellenbrief hängt in einem pinkfarbenen Rahmen in ihrer kleinen Werkstatt in Denkendorf an der Wand. Im Hauptberuf arbeitet Anna Matuschek als freie Journalistin für diverse Fachblätter. „Don’t call me babe“, steht auf ihrem pinkfarbenen Shirt – eine klare Ansage.

 

„Schraub Mädchen!“ heißen die Kurse

Frauen und Autos, das passt doch nicht. Dieses Vorurteil hat die Stuttgarterin oft gehört. Und daran will sie etwas ändern. Bereits im siebten Jahr bietet sie Schrauberkurse nur für Frauen an, seit April 2020 hat sie die kleine Werkstatt in Denkendorf angemietet. Hier lernen die Teilnehmerinnen das kleine Auto-Einmaleins. Wie messe ich den Ölstand? Wie geht ein Radwechsel? Wann sind neue Bremsscheiben fällig? Und was bedeutet eigentlich dieses blinkende Licht hinterm Lenkrad? Es gehe nicht darum, nach dem Kurs alles selbst machen zu können, sondern in erster Linie darum, alle gängigen Verschleißteile zu kennen und Defekte deuten zu können, um so hohen Reparaturkosten vorzubeugen. Und es gehe um mehr Selbstbewusstsein, etwa im Umgang mit Werkstattmitarbeitern. „Schraub, Mädchen!“ nennt sich das Ganze.

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Auf ihren rechten Unterarm hat sich Anna Matuschek einen Maulschlüssel, eine Schraube, eine Mutter und einen Schlitzdreher tätowieren lassen, den rechten Knöchel ziert eine Zündkerze. Sieben Fahrzeuge nennt sie ihr Eigen, alles alte Liebhaberstücke. Ein Mini, ein Opel Kadett, ein VW-Bus, ein Ford Falcon von 1963.

Kaffee und Kuchen werden auch serviert

„Schon mein Vater hatte zwei Oldtimer“, erzählt sie. Als sie als Teeny im Kino den Auto-Actionfilm „Nur noch 60 Sekunden“ sieht, ist es um sie geschehen. „Ich wollte immer etwas lernen, was mir mein Leben lang etwas bringt. Da kommen nur zwei Dinge in Frage: Kfz-Mechanikerin oder Steuerfachgehilfin“, sagt sie und lacht.

Ob als Junggesellinnenabschied, Geburtstagsparty mit der Mädelsclique oder gemeinsam mit der besten Freundin: Das „Schraub, Mädchen!“-Konzept stößt auf Begeisterung, vor allem, weil sich die Frauen ohne männliche Zuhörer wohler dabei fühlen, Fragen zu stellen. „In den Kursen sind wir per du“, Kaffee und Kuchen werden auch serviert. Laut Anna Matuschek kommen die Interessentinnen dafür aus dem gesamten Bundesgebiet nach Denkendorf, selbst aus dem nahen Ausland. Auch mit diversen Volkshochschulen, etwa jener in der Stadt Esslingen, hat das Schraubermädchen in der Vergangenheit schon zusammengearbeitet. „Es kommt saugut an, deswegen ist es ätzend, dass ich wegen Corona gerade keine Gruppenkurse anbieten kann“, sagt sie. Lediglich Workshops allein beziehungsweise mit mehreren Frauen aus einem Haushalt seien aktuell drin.

Die Gebühren hält die Veranstalterin bewusst niedrig, wie sie sagt. Ab 27 Euro geht es los. Damit wolle sie es etwa auch Schülerinnen ermöglichen teilzunehmen. Sie betont: Selbst mit den größten Amateurinnen passiert in den Kursen etwas. „Die tratschen dann total über Autos.“ Anna Matuschek lächelt und strahlt. „Das macht dann Bock.“

Weitere Informationen im Internet unter www.schrauberkursfuerfrauen.de

Frauen sind der Kfz-Branche nach wie vor unterrepräsentiert

Quote
 Zu schwach, zu klein und von den Kunden nicht akzeptiert: Mit diesen Vorurteilen müssen sich Frauen immer wieder auseinandersetzen, wenn sie einen Job als Automechatronikerin anstreben. In der Kfz-Branche sind sie jedenfalls mehr als unterrepräsentiert. Wirft man einen Blick auf das Gewerbe an sich, liegt die Frauenquote, nach den neuesten Statistiken, bei nicht einmal 25 Prozent. In den Autowerkstätten an sich, also im technischen Bereich, sind es sogar nur elf Prozent.

Gründe
 In vielen Betrieben, das geht aus den einschlägigen Fachmagazinen hervor, traue man Frauen zwar auch als Mechanikerinnen einiges zu. Oft scheiterten Einstellungen aber an den vorhandenen Gegebenheiten. So seien etwa in alt eingesessenen Firmen die zusätzlich notwendigen Räumlichkeiten, etwa Umkleiden und Duschen, nicht vorhanden. Andererseits strebten inzwischen aber etliche Betriebe, die entsprechenden Änderungen an, heißt es. 

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