Beim SWR ist man mehr als zufrieden: Die Einschaltquoten für den Fernsehfilm „Rommel“ waren hoch. Unsere Kritikerin ist nicht zufrieden: Das Nazi-Drama bebildere lediglich unser diffuses Geschichtsgefühl.

Stuttgart - Christoph Hauser, der Fernsehdirektor des mitproduzierenden SWR, zeigte sich am Freitag mehr als zufrieden: Es sei der ARD gelungen, „ein Fernsehereignis zu schaffen und die Zuschauerinnen und Zuschauer mit einem klassischen Fernsehangebot, einem Hörspiel im Hörfunk, einem Webspecial bzw. Second-Screen-Angebot im Internet auf allen Ausspielwegen zu bedienen“. Allein der Fernsehteil des Rundumpakets hat annähernd jeden Fünften erreicht, der sein Gerät angeschaltet hatte: 6,38 Millionen Zuschauer (Marktanteil 18,8 Prozent) sahen „Rommel“, den Fernsehfilm über Hitlers Generalfeldmarschall, der nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 zum Selbstmord gezwungen wurde. 4,91 Millionen (18,5 Prozent) blieben bei der anschließenden Dokumentation dabei.

 

Sie taten gut daran. Die Doku trug Einschätzungen von Zeithistorikern zusammen, die sich einig sind, dass dem Rätsel Rommel mit Schwarz-Weiß-Einordnungen à la „Nazi-Scherge oder Widerstandsheld?“ nicht beizukommen ist. Vor allem lieferte sie einiges an Geschichtswissen nach, das zum Verständnis der Filmhandlung eigentlich nötig gewesen wäre.

Der Drehbuchautor und Regisseur Niki Stein versuchte, mit raschen Schauplatzwechseln zwischen Westfront, Führerhauptquartier und Rommel’schem Eigenheim in Herrlingen, kurzen Szenenfolgen und knappen, aber bedeutungsschwangeren Dialogen die Dramatik der Wochen zwischen der dräuenden Invasion der Alliierten an der Westfront und Hitlers blutigem Aufräumen unter den Verschwörern des 20. Juli spürbar zu machen. Allerdings wirkte das auf die Dauer ebenso kurzatmig wie flach und – bei der x-ten Vorfahrt eines polierten Oldtimers vor irgendeinem Nazibau, beim x-ten markigen Zurechtrücken des Uniformgürtels – etwas komisch. Und wer mit dem deutschen Generalstab und dem Rest der NS-Hierarchie nicht zuvor schon auf du und du war, dem sagten all die feldgrauen oder schwarzen betressten Männer einfach nichts.

Die Angst des Regisseurs, etwas falsch zu machen

Die Besetzungsliste prunkte mit großen Namen, aber weder Hanns Zischler noch Thomas Thieme hatten hinreichend Auslauf für ihre Darstellungskunst. Ulrich Tukur war sein ernsthaftes Interesse an der Figur Erwin Rommel anzumerken, auf den Zuschauer übertrug sich dieses Interesse kaum. Wenig hilfreich auch, dass Stein bedenkenlos historisches Film- und Tonmaterial unterschiedlichster Herkunft munter durcheinanderschnitt. Neben dem Geschnarr der authentischen Wochenschau-Sätze klangen die Drehbuch-Einfälle – „Mein Führer, glauben Sie nicht, dass es an der Zeit ist, über andere Lösungen nachzudenken?“ – umso deplatzierter.

Der Versuch, aus umstrittenen Figuren der Zeitgeschichte Filmhelden zu formen, ohne in die Knopp-Falle namens Geschichtsgefühlsbebilderung zu tappen, erforderte einen größeren Filmkünstler, als hier am Werk war. Der ängstliche Bedacht, alles richtig zu machen, schaute diesem „Rommel“ aus allen Knopflöchern.

Manfred Rommel, der ehemalige Stuttgarter Oberbürgermeister und Sohn des Generalfeldmarschalls, wollte sich nach dem Zwist während der Dreharbeiten jetzt auf StZ-Anfrage nicht mehr öffentlich äußern. Die Familie hat Film und Dokumentation im Fernsehen angeschaut, aus ihrem Umfeld verlautet, man habe sachlich und fachlich nichts zu bemängeln.