Für Theo Zwanziger zielen die Bemühungen des DFB um eine Aufklärung der Affäre der Fußball-WM 2006 in die falsche Richtung. Er fordert den Verband dazu auf, die Ermittlungen zu intensivieren.

Frankfurt/Main - Mehr als ein Jahr hat sich Theo Zwanziger öffentlich zurückgehalten, nun macht der ehemalige DFB-Präsident in der Sommermärchen-Affäre Druck auf den Deutschen Fußball-Bund. „Ich begreife nicht, dass die in einer Vereinbarung des DFB vom 1. März 2019 mit mir eingegangene Verpflichtung, Mohammad bin Hammam über die FIFA zum Reden zu bringen, offenbar nicht verfolgt wird“, kritisierte Zwanziger in einem Gespräch der Deutschen Presse-Agentur.

 

Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ soll der DFB bereits im vergangenen Jahr zwar eine Berliner Detektei damit beauftragt haben, Licht ins Dunkel um die dubiose Zahlung von 6,7 Millionen Euro aus dem Jahr 2005 zu bringen. Zwanziger sieht darin jedoch keine intensive zielgerichtete Bemühung um eine Aufklärung der Affäre der Fußball-WM 2006 und räumt den Ermittlungen nur wenig Erfolgsaussichten ein.

„Ich habe überhaupt nichts gegen Aufklärung, habe diese schon 2012 verlangt und hätte auch nichts dagegen, wenn der DFB noch Wahrsager und Hellseher einsetzen würde“, sagte der 74-Jährige. „Schließlich hat man schon fast zehn Millionen Euro ausgegeben, da kommt es auf ein paar mehr oder weniger nicht an.“

Zwanziger warf der Schweiz Justiz Versagen vor

Das im April 2005 vom DFB an die FIFA als Beitrag für eine später ausgefallene Gala überwiesene Geld war auf den Konten von Bin Hammam verschwunden. Nach Ansicht Zwanzigers liege der Schlüssel zur Aufklärung daher in Katar, wo der in der Causa bis heute nicht vernommene frühere FIFA-Vizepräsident residiert, und bei FIFA-Präsident Gianni Infantino.

In diesem Zusammenhang warf Zwanziger der Schweizer Justiz Versagen vor. „Ich hätte so etwas nie für möglich gehalten. Infantino wird geschützt, andere werden verfolgt“, sagte er. In der vergangenen Woche war gegen den wegen dubioser Ermittlungsmethoden im FIFA-Komplex kritisierten Schweizer Chefankläger Michael Lauber ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet worden.

Stein des Anstoßes sind drei heimliche Treffen Laubers mit FIFA-Boss Infantino in den Jahren 2016 und 2017, deren Gesprächsinhalte nie dokumentiert wurden. „Was in der Schweiz im April 2016 begonnen wurde, stellt sich aus der Sicht von Betroffenen als kriminelle Vereinbarung auf höchster Ebene dar, und im Hintergrund spielt immer Katar eine Rolle“, sagte Zwanziger.

Vorwürfe sind am 27. April verjährt

Der ehemalige DFB-Chef hatte sich wie sein Amtsnachfolger Wolfgang Niersbach und Ex-Generalsekretär Horst R. Schmidt vor dem Schweizer Bundesstrafgericht wegen Betrugsverdachts verantworten müssen. Die Vorwürfe, die von allen drei Beschuldigten stets zurückgewiesen wurden, sind am 27. April verjährt.

Dies kann laut Zwanziger Auswirkungen auf eine Klage der Staatsanwaltschaft Frankfurt gegen das Trio wegen angeblicher Steuerhinterziehung haben. „Das Landgericht wird jetzt prüfen müssen, ob eine Hauptverhandlung in Frankfurt überhaupt noch stattfinden kann, oder die Strafklage durch die Entscheidung in der Schweiz verbraucht ist“, sagte Zwanziger.

Er verwies darauf, dass es dazu „eine klare Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes“ gebe. Er wolle dem Landgericht aber nicht vorgreifen und „hätte auch gar nichts gegen eine Verhandlung“, meinte Zwanziger, „weil diese wegen einer Vielzahl gravierender Fehler der Staatsanwaltschaft Frankfurt nur mit einem klaren Freispruch enden könnte.“