Ein Gemeinderat regt an zu prüfen, wie die Stadt juristisch gegen den geplanten neuen Anschluss zur A 81 vorgehen kann. Die Gerlinger seien bisher zu fair gewesen.

Gerlingen - Das Thema zweiter Autobahnanschluss ist ein Reizthema – die Fronten zwischen Ditzingen und Gerlingen sind verhärtet. Bisher ging man noch einigermaßen freundlich miteinander um, jetzt wird der Ton schärfer. „Wir waren zu fair“, sagte der FDP-Stadtrat Peter Zydel im Gemeinderat. Und er forderte, dass juristische Möglichkeiten geprüft werden und mit allen Mitteln gegen das Vorhaben vorgegangen wird. Die Ditzinger verlangen einen neuen Anschluss zur A 81 zwischen Leonberg und der Zufahrt Stuttgart-Feuerbach, die Gerlinger sind entschieden dagegen. Im Regionalverkehrsplan ist der Anschluss als dringlich eingestuft. Ein Brief an die Region mit einem klaren „Nein“ reicht den Stadträten nicht.

 

In Ditzingen will man mit dem neuen Anschluss die städtischen Verkehrsprobleme lösen. Die Staus werden länger – insbesondere, seit bei Thales und Trumpf neue Arbeitsplätze angesiedelt wurden und ein Baumarkt dazu kam. In Gerlingen begründet man den Widerstand damit, die geforderte Zu- und Abfahrt liege auf der eigenen Markung, zerstöre Felder und Landschaft, neuem Schleichverkehr quer durch die Stadt werde Tür und Tor geöffnet.

Der Ditzinger Oberbürgermeister Michael Makurath hatte vor seinem Gemeinderat im März betont, die Stadt brauche den neuen Anschluss – auch wenn die Siemensstraße ausgebaut sei, wie von den Behörden gefordert. Dieser Ausbau schaffe in der Stadt zwar höhere Kapazität; der Vorteil sei aber nach einigen Jahren wegen des zunehmenden Verkehrs wieder aufgebraucht. Die Debatte befeuert hat jüngst eine Mitteilung des Grünen-Landtagsabgeordneten Markus Rösler: Danach will das Land jetzt ein Gelände hergeben, das bisher noch für ein Logistikzentrum gebraucht wurde und dem Ausbau der Siemensstraße im Wege stand. Der Ditzinger OB bezeichnete dies als „wichtigen Zwischenschritt“.

Der Gemeinderat von Gerlingen segnete in dieser Woche ein Schreiben des Bürgermeisters an die Region ab. „Wir widersprechen der Maßnahme“, hieß es in der Stellungnahme zum Regionalverkehrsplan in moderatem Ton. Bei der Diskussion zuvor allerdings wurden härtere Töne als bisher angeschlagen. Der FDP-Stadtrat Peter Zydel forderte, die Zurückhaltung gegenüber den Ditzinger Nachbarn jetzt abzulegen. „Wir waren viel zu fair“, sagte Zydel, „die anderen sind es nicht. Wir müssen mit allen rechtlichen Mitteln dagegen vorgehen.“ Und er fand Zustimmung bei seinen Kollegen am Ratstisch.

Bürgermeister sieht das Thema „nicht emotionslos“

Der Bürgermeister Georg Brenner hatte zuvor betont, er könne das Thema „nicht emotionslos betrachten“. Er müsse das jetzt einmal loswerden, und er mache aus seinem Herzen keine Mördergrube. Er könne nicht nachvollziehen, dass Ditzingen die Lösungen seiner Verkehrsprobleme im neuen Autobahnanschluss sehe. Er erkenne dessen Notwendigkeit für die Region, wie sie von Ditzingen behauptet werde, nicht. Die Ditzinger Verkehrsprobleme seien hausgemacht – auch, weil die Umfahrungen der Stadtteile Verkehr aus dem Hinterland anzögen und alles in die Siemensstraße münde. Die Thales-Ansiedlung sei „unter dem Strich betrachtet nicht ganz schlecht für die Region“. Brenner sieht aber einen Zusammenhang zwischen den Beschäftigten dieser neuen Firma in Ditzingen, der Eröffnung eines Baumarkts gleich daneben und den täglichen Staus. Wenn Ditzingen so viel Energie wie in diese Ansiedlungen in eine Lösung für die Siemensstraße gelegt hätte, wäre man weiter. „Ich kann die Nachbarn nur bitten, ihr Engagement in diese Richtung zu lenken und uns mit einem weiteren Autobahnanschluss in Frieden zu lassen“, so Brenner, „er bringt uns nur Nachteile.“

„Mitgehen bis zum höchsten Gericht“

Der CDU-Stadtrat Rudolf Sickinger pflichtete Brenner bei: „Ich fühle mich über den Tisch gezogen.“ Wegen der vor Jahren installierten Bauwerke mit den Lüftern des Engelbergtunnels komme die Abluft beider Tunnelröhren im Gerlinger Gewann Grimmle raus – Leonberg habe sich beim Bau des Tunnels erfolgreich gegen einen solchen Bau gewehrt. Und für den Autobahnparkplatz habe man sechs Hektar Fläche abgegeben. „Wir dürfen uns nicht immer alles gefallen lassen.“ Es gehe auch um das Naherholungsgebiet.

Horst Arzt (Freie Wähler) ärgert es, dass bei den Nachbarn die Ansiedlung im Vordergrund stehe und der Verkehr als zweite Frage gesehen werde – was für Ditzingen und Leonberg gelte. „Ich würde jeden Gang mitgehen, bis zum höchsten Gericht.“

Auch die SPD, so die Fraktionsvorsitzende Brigitte Fink, unterstützt den Widerstand. „Man kann nicht sagen, mit dem Autobahnanschluss haben wir alles im Griff.“ Wenn Stuttgart „dichtmacht“, bekomme Gerlingen noch ganz andere Probleme. Für die Grünen, so Rolf Schneider, stecke die Begründung des Anschlusses im Regionalverkehrsplan „voller Paradoxien“. Mit der Unterstützung Röslers und des Verkehrsministers Winfried Hermann (Grüne) habe Gerlingen „keine schlechten Karten“.