Der Steinbruch in Herrenberg-Haslach braucht 5,7 Hektar neue Fläche, um weiter Gestein fördern zu können. Bei der öffentlichen Erörterung in der Herrenberger Stadthalle ging es um die Grenzwerte und um die Wahrnehmung von Sprengungen.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Herrenberg - Neun Stunden dauerte am Mittwoch das Erörterungsverfahren zur Erweiterung des Steinbruchs Herrenberg-Haslach. Zäh verteidigte eine Bürgerinitiative ihre Argumente und genauso zäh beharrten die Sachverständigen des Landratsamtes Böblingen und die Gutachter des Schotterwerks Böttinger (SWB) auf ihren Einschätzungen gemäß der geltenden Regeln und Grenzwerte.

 

Die Abbaukante wandert nach Westen

Der Steinbruch, der aktuell eine Fläche von 26,4 Hektar umfasst, will sich um 5,7 Hektar erweitern. Im Grunde soll sich die jetzige Abbaukante ein Stück nach Westen verlagern in Richtung der Kreisstraße zwischen Haslach und Kuppingen. Grob gesagt, wandert diese Abbaukante weg von der Herrenberger Kernstadt und bewegt sich nördlich entlang des Ortsrandes von Haslach entlang. Die Entfernung zu den Häusern soll mit 400 Metern etwa gleich bleiben, so die Planer. Gegen diese Erweiterung hat die Bürgerinitiative in den vergangenen Monaten immer wieder Stellung bezogen.

Der Geologe Axel Dörr plant für das SWB federführend die Erweiterung des Steinbruchs. Er betonte zu Beginn der Sitzung in der Herrenberger Stadthalle die Nachhaltigkeit des Unternehmens, in dem Kalk und Dolomit abgebaut und zu Schotter verarbeitet werden. 345 000 Tonnen Gestein können pro Jahr gefördert werden, ein Wert der sich auch nach der Erweiterung nicht ändern soll, sagen die Steinbruchbetreiber.

Das Material aus dem Steinbruch wird überwiegend in nächster Nähe verwendet. 75 Prozent gehen sogar an Abnehmer, die weniger als fünf Kilometer entfernt sind. Außerdem hat der Steinbruch noch eine weitere Funktion, denn er dient auch als Deponie. Das Fremdmaterial zur Wiederverfüllung des Steinbruchs komme ebenfalls aus nächster Nähe, berichtet Axel Dörr, und zwar zumeist von den Baustellen rund um Herrenberg. Das Material, das der Steinbruch nicht verkaufen kann, wie den Mutterboden und den feinen Kies, wird solange auf dem Gelände aufgehoben, bis der Steinbruch rekultiviert wird. Dann soll auf dem Gelände ein hochwertiges ökologisches Gebiet entstehen mit einem Tümpel, mit Feldgehölzen, mit Hecken und Streuobstwiesen.

Das SWB will die Belastung so gering wie möglich halten

Aber: Der Betrieb eines Steinbruchs ist mit Krach, Staub und Sprengungen verbunden, und damit haben die Anwohner in Haslach ihre Probleme, zumal die Abbaukante nicht weit von der Wohnbebauung entfernt liegt. In der Anhörung am Mittwoch ging es um eine Vielzahl von Einwendungen, nicht nur von der Bürgerinitiative, sondern auch von der Stadt Herrenberg und von Naturschutzverbänden.

Vor allem aber die Sprengungen waren ein Grund für die Beschwerden. Ein- bis zweimal pro Woche lässt es der Sprengmeister im Steinbruch krachen. Mit diesen Sprengungen wird das Abbaugestein vom Fels abgelöst, dann wird es zu Schotter weiter verarbeitet. Thomas Deines, der Sprecher der Bürgerinitiative, berichtet von Schäden an Häusern und von Belästigungen der Bürger durch die Erschütterungen. Er forderte die Betreiber auf, diese Belastungen der Bürger weiter zu verringern, etwa durch mehr Bohrlöcher oder durch einen geringeren Einsatz von Sprengstoff.

Axel Dörr betonte, dass das SWB schon jetzt alles tue, um die Belastung so gering wie möglich zu halten. Würde man zu wenig Sprengstoff nehmen, dann könnte die Energie weniger ins Abbruchgestein fließen, sondern mehr in de“ Boden und die Erschütterungen könnten sogar größer sein.

Bei dieser Erörterung in der Herrenberger Stadthalle ging es viel um Grenzwerte und um subjektive und objektive Belastungen. Die Gutachter und die Sachverständigen von der Gewerbeaufsicht verwiesen immer wieder auf die Zahlen und die Grenzwerte, die unterschritten würden. Die Entfernung von 400 Metern zur Wohnbebauung sei zwar nahe, aber sogar nur 300 Meter Entfernung seien unbedenklich.

Erschütterungen machen den Bürgern Angst

Florian Hecker von der Böblinger Gewerbeaufsicht referierte über die Auswirkungen der Sprengungen. „Die Wahrnehmung von Erschütterung ist immer negativ besetzt“, sagte er. Gegenstände können sich bewegen, Gläser klirren, was den negativen Eindruck verstärke. Er fasste den Grundkonflikt in zwei Sätzen zusammen: Die Menschen empfänden Erderschütterungen immer als bedrohlich, egal wie klein sie auch seien. Eine Sprengung werde also nie unter die Wahrnehmungsschwelle rutschen. Oder wie es Thomas Deines kritisch formulierte, „wenn die Grenzwerte eingehalten sind, dann müssen wir das also einfach erdulden“.

Laut den Gutachtern würden diese Grenzwerte nicht nur eingehalten, sondern auch sehr deutlich unterschritten, bei den Erschütterungen sogar manchmal um das Fünffache. Daraus folgerte Axel Dörr, der Planer des SWB, dass Risse und Schäden an Gebäuden durch die Erschütterungen auszuschließen seien. Die Schäden müssten eine andere Ursache haben, folgerte er, möglicherweise durch eine alternde Bausubstanz.

Am Ende der Veranstaltung versuchte der Moderator, der erste Landesbeamte Martin Wuttke aus dem Landratsamt, die streitenden Parteien zu versöhnen, in dem er einen runden Tisch anregte, an dem sich die Beteiligten austauschen könnten.