Bei einer Schießerei mit Geiselnahme in einer Karlsruher Wohnung hat es fünf Tote gegeben.

Karlsruhe - Als zwei vermummte Männer des Sondereinsatzkommandos (SEK) der Polizei am Mittwochmittag vom Tatort abrücken und am 400 Meter entfernten Pressepulk vorbeilaufen, keimt kurz Hoffnung auf. Ist das Geiseldrama in einer Karlsruher Wohnung nach drei Stunden ohne Tote zu Ende gegangen? Doch dann verkündet Polizeisprecher Fritz Bachholz den wohl schlimmstmöglichen Ausgang: „Wir gehen davon aus, dass der Geiselnehmer und die Geiseln tot sind.“ Die Polizei rechnet zunächst mit „drei bis vier Toten“. Am Nachmittag wird bekannt, dass fünf Menschen ums Leben gekommen sind. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft habe der Täter seine Opfer "regelrecht hingerichtet". Die Polizei geht von vierfachem Mord aus. Die Tat sei geplant gewesen.

 

SEK verschaffte sich Zutritt zur Wohnung

Am Morgen sollte es in der Wohnung in der Karlsruher Nordstadt eine Zwangsräumung geben. Diese endete dramatisch-tragisch - mit einer Geiselnahme und einer Schießerei. Neben dem 53-jährigen Geiselnehmer, einem Gerichtsvollzieher, dem neuen Wohnungsinhaber und einem Mitarbeiter des Schlüsseldienstes sei bei der Durchsuchung der Wohnung auch eine Frau tot aufgefunden worden, sagte ein Polizeisprecher am Nachmittag auf dapd-Anfrage. Dabei handele es sich vermutlich um die Mieterin der Wohnung. Der Geiselnehmer soll der Lebensgefährte der Mieterin sein.

Das SEK hatte bei seinem „Notzugriff“ in der Wohnung zuerst Brandgeruch wahrgenommen und stieß dann auf die Leichen, wie der Polizeisprecher berichtete. Weitere Details zum Ablauf des tragischen Geschehens sollten am späten Nachmittag bekannt gegeben werden.

Die Situation eskalierte

Offenbar wollte der Gerichtsvollzieher mit seinen Begleitpersonen gegen 9 Uhr die Wohnung im Kanalweg 115 betreten, als er beschossen wurde. Anwohner hörten Schussgeräusche. Die Polizei sperrte daraufhin den Tatort in einem Umkreis von 400 bis 500 Metern ab. Für Fußgänger, Pkw und auch für Medienvertreter gab es kein Durchkommen. Zahlreiche Rettungswagen fuhren vor.

Mehrere Wohnhäuser, eine Schule und ein Kindergarten wurden geräumt, um jede Gefährdung der Bevölkerung auszuschließen. Speziell geschulte Beamte einer „Verhandlungsgruppe“ standen bereit, um einen Kontakt zum Geiselnehmer herzustellen. Offenbar gelang dies aber nicht - und die Situation eskalierte.

Bei dem Kanalweg in der Karlsruher Nordstadt handelt es sich um eine lange, breite Straße in einem ehemaligen Wohnviertel der US-Armee. „United States Army - Paul Revere Village“, heißt es auf einem metergroßen Schild nahe des Tatorts. Hier reiht sich ein Wohnblock an den anderen. Die Straßenzüge nennen sich Kentuckyallee oder Tennesseeallee.

Eine Anwohnerin, die die Nachrichten im Radio hörte und auf die Straße lief, ist geschockt. „Es ist furchtbar. Wir sind alle sehr betroffen“, sagt die junge Frau. Dies sei eigentlich eine „sehr ruhige“ Wohngegend. Und dann sagt sie nur noch ein Wort: „Verrückt!“.