Weniger Bürokratie, niedrigere Energiepreise und mehr Zuwanderung neuer Fachkräfte – das sind einige Punkte, die sich hiesige Unternehmen von der künftigen Bundesregierung wünschen. Wichtigster Punkt ist jedoch Verlässlichkeit.
Die Lage der deutschen Wirtschaft – nach Migration war dies wohl das meistdiskutierte Thema im Bundestagswahlkampf. Während Union und SPD mit den Sondierungsgesprächen begonnen haben, richtet sich auch der Blick der hiesigen Unternehmen nach Berlin. „Ich hoffe, den Parteien, die in die Regierungsverantwortung kommen, ist bewusst, dass sich dringend etwas ändern muss“, sagt Christina Almert, geschäftsführende Gesellschafterin von Hagebau Bolay in Rutesheim und Ditzingen. „Es kann sehr kritisch werden, wenn es nicht bald bergauf geht.“
Besonders seit Corona sei die Kaufkraft massiv zurückgegangen. „Das spüren nicht nur wir im Bau- und Gartenhandel, sondern das ist im gesamten Handel so“, berichtet die Rutesheimerin. Vor der Coronapandemie hätten die Kunden häufiger etwas Neues gekauft, der Grill oder die Gartenmöbel müssten nun ein paar Jahre länger ihren Dienst tun, bevor sie ersetzt werden.
Almert ist nicht nur selbst Mitglied der CDU und sitzt für diese im Rutesheimer Gemeinderat sowie im Böblinger Kreistag, sie ist auch seit Anfang des Jahres Vizepräsidentin der Industrie- und Handelskammer im Kreis. Direkt vor der Bundestagswahl hatte die IHK ihren neuesten Konjunkturbericht veröffentlicht und dies mit Forderungen an eine neue Bundesregierung verknüpft.
„Es ist eine chaotische Zeit“, meint Almert nicht nur mit Blick auf die vorgezogene Bundestagswahl nach dem Scheitern der Ampel-Koalition. Da ist noch der Ukraine-Krieg, der jetzt ins dritte Jahr geht. Da ist ein Donald Trump in den USA, dessen Politik unkalkulierbar scheint. Und mittendrin die Menschen mit ihren Sorgen und Nöten, von hohen Preisen und Mieten über mangelnden Wohnraum und zu viel Bürokratie.
„Was nützt uns ein Mietendeckel, wenn keine Wohnungen da sind“, sagt Christina Almert und plädiert dringend für den Bau neuer Wohnungen. Dies würde nicht nur die Bauwirtschaft wieder ankurbeln. Weitere Forderungen der IHK-Bezirkskammer an eine neue Bundesregierung: Bürokratieabbau, wettbewerbsfähige Energiepreise, Freihandel verteidigen und ausbauen, das Steuersystem vereinfachen sowie den Zugang zum Arbeitsmarkt zu vereinfachen und die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland stärker zu fördern.
Damit diese Dinge angegangen werden können, müsse es eine zügige Regierungsbildung geben. Das wichtigste Anliegen für Christina Almert ist im Forderungskatalog der IHK gar nicht aufgelistet: „Es muss Verlass sein auf die neuen Regierungspartner. Man muss sich auch halten an das, was man vereinbart hat“, sagt die Rutesheimerin.
Doch die IHK-Vizepräsidentin will nicht nur ein düsteres Bild zeichnen. „Uns geht es grundsätzlich gut. Deutschland ist immer noch die drittstärkste Wirtschaftskraft der Welt“, nach den USA und China und ganz knapp vor Japan. Damit es so bleibt, dafür müsse die wahrscheinlich schwarz-rote neue Bundesregierung aber einiges tun.
Wirtschaft im Kreis Böblingen
IHK-Bezirkskammer
Die Böblinger Bezirkskammer ist eine von fünf unter dem Dach der IHK Region Stuttgart und wurde 1980 gegründet. Aktuell registriert sie 23 500 Mitgliedsunternehmen. Das sind alle Betriebe, die im Kreis Böblingen ein Gewerbe angemeldet haben, vom nebenberuflich geführten Online-Shop bis zum Großunternehmen. In diese Kategorie fallen auch Betreiber einer Solaranlage. In rund 770 Mitgliedsbetrieben werden mehr als 4000 Menschen ausgebildet. Die IHK ist dabei sowohl Interessensvertretung, Unternehmensförderer und zuständig für Aus- und Weiterbildungen.
Präsidium
Neuer Präsident der IHK-Bezirkskammer Böblingen ist Andreas Weeber, Chef der gleichnamigen Autohausgruppe mit Hauptsitz in Weil der Stadt. Stellvertreterin bleibt Christina Almert aus Rutesheim. Komplettiert wird das neue und für fünf Jahre gewählte Präsidium durch Katja Pacholczyk, Geschäftsführerin der Denzhorn Computer-Service GmbH in Weissach, und Amin Khalsi, Geschäftsführer der IBU Industriebuchbinderei Y. Khalsi GmbH in Rutesheim.