Als erstes Land der Welt hat Luxemburg alle öffentlichen Verkehrsmittel gratis gemacht: Von nun an braucht man für Bus und Bahnen kein Ticket mehr.

Luxemburg - Das war’s mit den Fahrscheinen in Luxemburg. Seit Samstag heißt es einfach: Einsteigen und mitfahren. Denn Bahn, Bus und Tram sind ab jetzt im gesamten Großherzogtum kostenlos. Luxemburg ist das erste Land der Welt, das alle öffentlichen Verkehrsmittel gratis macht - und das wird in dem kleinen Land groß gefeiert. An den Bahnhöfen ertönt Musik: Es wird gerappt, getanzt, gesungen und gerockt. Und in den Zügen und Stadtbahnen verbreiten Künstler mit Mini-Konzerten Partylaune.

 

Eigentlich hatte der Gratis-Transport am Sonntag (1. März) losgehen sollen. Wegen der Feiern am Samstag hatte die Regierung vor wenigen Tagen entschieden, den Start einen Tag vorzuziehen.

Nur eine erste Maßnahme

„Es ist ein großer Tag“, sagt der luxemburgische Mobilitätsminister François Bausch (Grüne) zum Start. Mit der Umstellung auf Gratis-Transport wolle man Menschen dazu bewegen, vom Auto auf Busse und Bahn umzusteigen. „Unser Ziel ist es, bis 2025 rund 20 Prozent mehr Passagiere zu transportieren“, sagt der grüne Politiker. Denn wie viele andere Städte und Länder in Europa auch leide Luxemburg unter vielen, langen Staus im Berufsverkehr.

Klar sei, dass die Umstellung auf gratis alleine nicht reiche, um Menschen in die „Öffis“ zu locken. „Wir müssen den Transport so attraktiv und zuverlässig wie möglich machen, damit er eine echte Alternative darstellt.“ Wie geht das? Unter anderem werden die Bus- und Bahnlinien massiv ausgebaut - mehr Züge, neue Strecken, enger Takt. Satte vier Milliarden Euro werden dazu von 2018 bis 2027 allein auf der Schiene investiert. Plus 550 Millionen für die Tramstrecke in der Hauptstadt. „Urbane Räume müssen wieder den Menschen gehören, nicht den Autos“, sagt der Minister.

Guter Anreiz

Elisabeth Schickes aus Steinfort findet es super, dass sie jetzt kostenlos mit der Bahn fahren kann. „Zwei Euro hier, zwei Euro da. Das hat sich geläppert.“ Kostenfreiheit sei ein guter Anreiz, umzusteigen. Christiane Wagener aus der Hauptstadt meint dagegen, gratis hätte der ÖPNV nicht werden müssen. „Ich fand es vorher auch nicht teuer.“ Astrid aus Frankreich meint, dass andere Länder dem Beispiel Luxemburgs folgen könnten. „Es ist eine gute Sache.“

Der kostenfreie ÖPNV, den Bausch gerne als „Sahnehäubchen auf einem multimodalen Kuchen“ bezeichnet, bedeutet für den Luxemburger Staat Mehrausgaben von 41 Millionen Euro im Jahr. Multimodal meint: schlau umsteigen zwischen Auto, Bus, Bahn, Fahrrad und Carsharing, um sein Ziel zu erreichen. Hinzu kommen 16 Millionen Euro, die die Stadt Luxemburg aufbringt. Bürgermeisterin Lydie Polfer setzt auf eine „Bewusstseinsänderung“ - denn die Stadt ächzt besonders unter dem Autoverkehr.

Umstieg auf Elektrobusse

Die Hauptstadt mache nur zwei Prozent der Gesamtfläche des Landes mit seinen rund 620.000 Einwohner aus, sagt sie. Ein Prozent davon seien Grünflächen - auf dem anderen Prozent lebten 20 Prozent der Einwohner des Landes. Und dort würden auch 40 Prozent der Arbeitsplätze liegen. Das erkläre, warum jeden Tag Zigtausende Pendler in die Stadt kämen. Bis 2030 sollen nur noch Elektrobusse unterwegs sein.

Die neue Mobilitätsstrategie ist auch eine Reaktion auf die große Zahl der Grenzpendler. Täglich kommen rund 220.000 Menschen aus Frankreich, Belgien und Deutschland nach Luxemburg zur Arbeit. Auch sie profitieren von dem Gratis-Transport: Sie müssten ihre Tickets nur noch bis zur luxemburgische Grenze kaufen. Die 1. Klasse der Bahn bleibt kostenpflichtig.

Luxemburg als Probeland

Minister Bausch sieht Luxemburg als „Laboratorium“ für Verkehrsprobleme im 21. Jahrhundert. Nach Ansicht des Deutschen Städte- und Gemeindebundes kann das zweitkleinste Land der EU auch Modell für deutsche Städte und Regionen sein - um mehr Menschen in den ÖPNV zu bringen. Entscheidend sei nicht die Kostenfreiheit, sondern der Umbau des Verkehrsraumes, der Ausbau der Angebote und die Verbesserung der Qualität, sagt Sprecher Alexander Handschuh.

„Wir brauchen einen Masterplan Verkehrswende.“ Für Städte, die für die Bürger gemacht seien und die Vorrang einräumen für Radverkehr, für Fußgängerverkehr und für ÖPNV. Bund, Länder und Kommunen müssten da „ein bisschen mehr Entschlossenheit an den Tag legen“, sagte er in Berlin. Natürlich könne das Modell Luxemburg nicht eins zu eins übertragen werden. „Aber so weit wie Luxemburg sehe ich im Moment keine Region“, sagte Handschuh.

„Das Interesse weltweit ist riesig“, sagt Bausch zum Gratis-Verkehr. Die Party geht das ganze Wochenende weiter. Am Samstagabend sollte im neuen Betriebshof der Tram auf dem Kirchberg eine Party mit DJs steigen. Und am Sonntag wird im Stadtzentrum gefeiert.