Die grün-rote Landesregierung hat eine Initiative auf den Weg gebracht, die die digitale Vernetzung in der industriellen Produktion vor allem den kleinen und mittleren Unternehmen im Land näher bringen soll.

Stuttgart - Während einige Unternehmen in Baden-Württemberg in der Produktion bereits auf die intelligente Vernetzung von Mensch und Maschine setzen – Industrie 4.0 heißt das Schlagwort – ist die neue Technologie bei anderen Betrieben noch kein Thema. Das will die grün-rote Landesregierung mit einer Initiative rund um die Digitalisierung der Industrie ändern: Am Donnerstag rief Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) in Stuttgart gemeinsam mit Vertretern von mehr als 50 verschiedene Organisationen wie Industrieverbänden, Gewerkschaften, Kammern, Hochschulen und Forschungsinstituten die „Allianz Industrie 4.0 Baden-Württemberg“ ins Leben.

 

Das neue Projekt, für das die Landesregierung in den kommenden beiden Jahren zunächst 14,5 Millionen Euro ausgeben will, soll vor allem kleinen und mittleren Unternehmen das Thema näherbringen. Diese dürften nicht von der Entwicklung zu hochkomplexen Produktionssystemen abgekoppelt werden, sagte Schmid bei der Auftaktveranstaltung. Darüber hinaus hat sich der Wirtschaftsminister als Initiator der Allianz ein großes Ziel gesteckt: Der Südwesten solle sich mit Hilfe des Projekts als führender Standort für Industrie 4.0 positionieren, kündigte Schmid an. „Beim Aufbruch zur intelligenten Produktion der Zukunft hat die Wirtschaft in Baden-Württemberg ausgezeichnete Voraussetzungen“, ist sich Schmid sicher. Hier sei das Zentrum des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus, zudem säßen im Land Premiumautohersteller und ihre Zulieferer.

Akteure sollen miteinander in Kontakt gebracht werden

Die Allianz versteht sich als Plattform, die verschiedene Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft miteinander in Kontakt bringen will. „Wir wollen anhand von Praxisbeispielen vor allem den kleinen und mittleren Unternehmen zeigen, dass auch sie eine Chance haben, die Veränderungen für sich zu nutzen“, sagte Schmid. Hierfür seien regelmäßig stattfindende Veranstaltungen geplant, die die Industrie- und Handelskammern als Mitglieder der Allianz in ihren Regionen durchführen. Zentrale Themen werden neue Arbeitswelten, Sicherheit, Standardisierung und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle sein.

Welche neuen Möglichkeiten und Geschäftsmodelle sich für Unternehmen durch die Industrie 4.0 eröffnen können, dazu gab der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), Thomas Bauernhansl, einen kleinen Einblick: So sei es heute schon möglich, auf speziellen Internetplattformen Apps für Maschinen herunterzuladen. Diese Anwendungen programmieren die Maschine für bestimmte Arbeitsschritte. Die Investitionen dafür seien vergleichsweise gering, erläuterte Bauernhansl.

Die Industrie 4.0 bietet auch Risiken

Dass die Industrie 4.0 nicht nur Chancen, sondern auch Risiken birgt, darauf machte Roman Zitzelsberger, der baden-württembergische Bezirksleiter der IG Metall, aufmerksam. „Beim Thema Daten müssen wir aufpassen, dass Dritte das Wissen nicht abschöpfen“, warnte der Gewerkschafter. Finanzminister Schmid kündigte in diesem Zusammenhang an, das Forschungszentrum in Karlsruhe zu einem Kompetenzzentrum für Datenschutz für den Mittelstand auszubauen.

Auch auf die Beschäftigten werde die intelligente Vernetzung in der industriellen Produktion Auswirkungen haben, wie Zitzelsberger anmerkte: „Es werden Tätigkeiten wegfallen.“ Ein Anliegen der Allianz sei es auch, so bekräftigte Schmid, die Beschäftigten auf den kommenden Wandel in der Arbeitswelt vorzubereiten.

„Wir werden darauf pochen, dass die Landesregierung ihre Versprechen einhält“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstages (BWHT), Oskar Vogel, denn gerade auch Handwerksbetriebe stünden mit dem Schritt in die digitale Zukunft vor einer großen Herausforderung.