Die Aufkündigung des INF-Vertrages durch die USA war erst der Anfang. Auf Europa kommt eine Debatte über die Stationierung von Raketen zu, kommentiert Christian Gottschalk.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Europa steht vor ungemütlichen Zeiten. Nach dem Ausstieg der USA aus dem INF-Vertrag werden auf dem Alten Kontinent wieder Diskussionen beginnen, die manch ein Zeitgenosse nur allzu gerne verdrängt hat. Diskussionen über Rüstung, über Nachrüstung und über Raketenstationierung. Die Welt bewegt sich zunehmend zurück in die Denkmodelle aus den Zeiten des Kalten Krieges. Diese Entwicklung lässt nur einen Schluss zu: Ohne den Vertrag, der die Stationierung von Mittelstreckenraketen regelt, wird Russland viele Raketen stationieren, die Ziele in Europa erreichen können. Ob diese dabei atomar bestückt sind oder nicht, das ließe sich – zynisch ausgedrückt – erst nach einer Detonation sagen. Ein atomarer Gegenschlag wäre derzeit nur durch amerikanische Interkontinentalraketen möglich. Eine Situation, die weder für die USA noch für Europa tragfähig ist. Die Raketenstationierungsdebatte ist daher programmiert.

 

Vorwürfe sind nicht neu

Die Vorwürfe an Russland, den Vertrag zu verletzen, sind nicht neu. Sie wurden schon von der Obama-Regierung geäußert. Geschehen ist seither nicht viel, und daher ist es auch nicht wahrscheinlich, dass in dem halben Jahr, in dem nun noch nachverhandelt werden kann, eine tragbare Lösung gefunden wird. Zumal es am Wichtigsten und Grundlegendstem fehlt: am gegenseitigen Vertrauen.