Die Inflationsrate ist im Juni etwas gesunken, bleibt mit 7,6 Prozent aber hoch. Viele Verbraucher wollen ihren Konsum einschränken – sogar bei Lebensmitteln.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Der Anstieg der Verbraucherpreise hat sich ein wenig verlangsamt: Laut einer am Donnerstag vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Schnellschätzung lag die Inflationsrate im Juni bei 7,6 Prozent, nach 7,9 Prozent im Mai. Ökonomen sehen darin jedoch nur eine kurze Atempause: Nach Ablauf von Tankrabatt und 9-Euro-Ticket im September „drohen wieder höhere Inflationsraten“, kommentierte Michael Holstein von der DZ-Bank. Wen die Teuerungsrate besonders trifft – und wer Vorteile davon hat.

 

Geplagte Verbraucher

Egal ob beim Tanken oder an der Ladenkasse: Alles wird teurer. Laut einer Umfrage der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung will deshalb eine Mehrheit der Bürger ihren Konsum einschränken. Jeder Zweite plant Einsparungen bei Haushaltsgeräten und Möbeln, Gaststättenbesuchen, Bekleidung, Mobilität sowie im Bereich Freizeit, Kultur und Unterhaltung.

Selbst beim Einkauf von Nahrungsmitteln, Getränken und Tabakwaren wollen 39 Prozent kürzertreten. Besonders betroffen sind die unteren Einkommensschichten: Unter den Befragten mit einem Haushaltsnettoeinkommen bis 2000 Euro wollen 52 Prozent ihre Ausgaben für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren reduzieren.

Kaufkraftverlust für Sparer

Zwar ist in die Verzinsung von Festgeldkonten etwas Bewegung gekommen, doch das nützt den Sparern wenig. Denn auch ein Zinssatz von einem Prozent – so viel bieten einige ausländische Banken derzeit für Festgeld mit zwölf Monaten Laufzeit – reicht bei Weitem nicht aus, um den Kaufkraftverlust durch Inflation zu kompensieren.

Erleichterung für Schuldner

Beim Schuldenabbau kann die Inflation helfen. Das gilt natürlich nicht für arme Schlucker, die angesichts steigender Energie- und Lebensmittelpreise ihren Ratenkredit nicht mehr abzahlen können. Aber wer seine Schulden bedienen kann und gleichzeitig infolge der Inflation höhere Einnahmen erzielt, profitiert. Zum Beispiel der Staat: Mit den Preisen steigen die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer.

Wenn die Verbraucher infolge der Teuerung ihren Konsum allerdings tatsächlich stark einschränken sollten, wäre dieser Effekt zunichte. Bei einem Einbruch der Binnennachfrage könnte die Wirtschaft sogar in eine Rezession abgleiten, was einen Rückgang der Steuereinnahmen zur Folge hätte.

Welches Szenario eintritt, ist ungewiss. So prognostizierte die Ratingagentur Standard & Poor’s dem hochverschuldeten italienischen Staat noch im April Vorteile infolge der hohen Inflation. Die Bonitätswächter gaben aber zu bedenken: „Ein lang anhaltender Inflationsschock, kombiniert mit schwachem Wachstum, wäre ein Risiko für die öffentlichen Finanzen.“

Licht und Schatten für Unternehmen

An den hohen Energiepreisen verdienen Öl- und Gaskonzerne prächtig: Ihre Einnahmen steigen, ohne dass sie zu Investitionen in zusätzliche Förderkapazitäten gezwungen wären. Viele andere Unternehmen dagegen bekommen die steigenden Kosten deutlich zu spüren. Das zeigt sich an den sogenannten Erzeugerpreisen, die im Mai rund 34 Prozent über dem Vorjahresniveau lagen.

Inwieweit Unternehmen die Kostensteigerungen an ihre Kunden weitergeben können, hängt von der Branche ab: Preiserhöhungen für Strom oder Lebensmittel sind leichter durchzusetzen als für Waren, auf die Verbraucher vergleichsweise leicht verzichten können. Auf der anderen Seite verfügen auch Hersteller von Premiumautos und anderen Luxusgütern über eine hohe Preissetzungsmacht, weil ihre zahlungskräftige Kundschaft sich selbst in Zeiten hoher Inflation nicht einschränken muss. Jenseits davon gibt es natürlich Trittbrettfahrer. Sie nutzen die hohe Teuerungsrate, um auch unabhängig von der Entwicklung der Produktionskosten die Preise anzuheben.