Ein Infoabend zum Bau der neuen Eisenbahnbrücke über den Neckar stößt auf große Resonanz. Die Anwohner sorgen sich um Lärm, um Schäden an den Gebäuden und um das Mineralwasser. Der neue Fußgängersteg wird als Verschlechterung angesehen.

Bad Cannstatt - Lärm und Erschütterungen, Eingriffe in die Natur, Genehmigungen, Gefahren für das Mineralwasser – um diese Themen haben sich die Fragen der Anwohner beim Infoabend zum Neubau der Eisenbahnbrücke über den Neckar gedreht. Alice Kaiser, die S-21-Beauftrage der Stadt, der Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler und Vertreter der Deutschen Bahn AG hatten dazu am 11. April in den Kleinen Kursaal geladen. Im Bezirksbeirat war ebenfalls darüber gesprochen worden.

 

„Die Bauarbeiten von Stuttgart 21 haben nun auch Bad Cannstatt erreicht“, sagte Kaiser zur Begrüßung. Man wolle die Anwohner im Detail darüber informieren. Löffler erinnerte daran, dass das Projekt an sich entschieden sei und man nicht zusammengekommen sei, um dies zu diskutieren, sondern um Sachfragen zum Bau der Brücke zu stellen. Dennoch kam es im Lauf des Abends vermehrt zu Buhrufen oder Gelächter im Publikum, das die Bahnreferenten unterbrach.

Die Bauzeit für die Brücke beträgt viereinhalb Jahre

Im ersten Teil der Veranstaltung erläuterten Christoph Lienhart, der Projektleiter des Abschnitts 1.5, und Sebastian Heer, der für den Abschnitt am Neckarknie verantwortlich ist, die Konstruktion der Brücke, den Zeitplan und den Ablauf der Bauarbeiten. Die neue Stahlsegelbrücke ist 345 Meter lang und 24 Meter breit. Sie wird im Taktschiebeverfahren erstellt, das heißt, die Stahlteile werden in vorgefertigten Segmenten angeliefert, am Westufer in einer Montagehalle verschweißt und dann über den Neckar „geschoben“. Unterhalb befindet sich ein Steg für Passanten und Radfahrer. Die Bauzeit beträgt etwa viereinhalb Jahre. Man werde nun die Baustelle einrichten, so Lienhart. Im Juni werde mit dem Abriss des alten Fußgänger-Holzstegs begonnen.

Im Anschluss hatten die Besucher Zeit, ihre Fragen auf Karten zu notieren. Die Moderatorin Alice Kaiser sortierte sie nach Themenkomplexen. Was viele Teilnehmer beschäftigte, war die Genehmigung für den Eingriff am Rosensteinportal. Diese liegt derzeit noch nicht vor. „Wir gehen davon aus, dass es bis zu dem Zeitpunkt, wo wir dort eingreifen müssen, genehmigt ist“, sagte Peter Schütz. Inhaltlich stelle dies kein Problem dar; es handle sich lediglich um einen großen Verfahrensaufwand, so der Rechtsbeistand. Man leiste in erheblichem Umfang Ausgleichsmaßnahmen. Auf Nachfrage erläuterte er, dass Großprojekte üblicherweise in Abschnitten genehmigt würden. „Die Brücke ist genehmigt, am Rosensteinportal gibt es noch ein Hindernis. Deswegen können wir aber dennoch jetzt schon mit dem Abriss des Holzstegs und dem Bau der Brücke beginnen.“

Es gibt eine 70 Meter lange Schallschutzwand

Nach der Belastung durch Lärm auf dem neuen Fußgängersteg, der sich unterhalb der neuen Brücke befinden wird, wurde mehrfach gefragt. Man habe durch eine Betontragplatte die Geräuschübertragung nach unten minimiert, sagte der Immissionsschutzbeauftragte Peter Fritz. Aber selbstverständlich nehme man sehr deutlich wahr, wenn ein Zug darüber fahre. Er betonte, dass der Fußgängersteg nicht als Aufenthaltsfläche gedacht, sondern eine Verkehrsfläche sei. Mit dem jetzigen Steg gebe es aber mehr Aufenthaltsqualität, sagte ein Mann. Man werde sich künftig wie ein unwillkommenes Anhängsel vorkommen.

Wegen des Baulärms werde man auf die Anwohner der Schönestraße zugehen; diesen stünden Schallschutzmaßnahmen zu, so Fritz weiter. Zudem wird es eine 70 Meter lange und drei Meter hohe Lärmschutzwand geben, da die Gleise näher an die Wohnbebauung rücken. Die Lastwagenfahrten während der Bauarbeiten – in der Spitze 60 Fahrten am Tag – seien „nicht einzeln wahrnehmbar. Die gehen in der allgemeinen Verkehrsbelastung auf der Bundesstraße unter“, sagte Florian Bitzer vom DB Projekt Stuttgart-Ulm. Nachts sind keine Fahrten vorgesehen.

Was mit der alten Eisenbahnbrücke geschehe, wollte ein Bürger wissen. „Diese wird gebraucht für den letzten Zug, der in den Kopfbahnhof fährt“, sagte Manfred Leger, der Vorsitzende der Geschäftsführung des DB Projekts Stuttgart–Ulm. Danach sei sie für den Bahnbetrieb nicht mehr nötig; man sei offen für Gespräche mit der Stadt für eine Nachnutzung. „Umsonst gibt es das freilich nicht. Das ist aber die Aufgabe der Landeshauptstadt“, so Leger. Er erinnerte zudem daran, dass die Schleuse ausgebaut werden solle und die Brücke diesem Vorhaben im Weg sei. „Das ist aber nicht unsere Angelegenheit“, betonte er.

Wenige Erschütterungen sind im Eigeninteresse der Bahn

Auch nach möglichen Schäden an den Gebäuden wurde gefragt. „Ein erschütterungsarmes Vorgehen ist ja unser Eigeninteresse“, sagte Schütz. Aus diesem Grund würden die Pfähle nicht gerammt, sondern gebohrt. Fragen zum Schutz des Mineralwassers kamen ebenfalls auf. Bernd Gaukler, Sachverständiger für Wasserwirtschaft, und Carsten Hampe von der ausführenden Baufirma Max Bögel erläuterten im Detail, wie man während der Bauarbeiten vorgehen werde, um den Schutz zu gewährleisten und im Notfall zu handeln.

Zum Abschluss warb Leger bei den Anwohnern um Geduld. „Nehmen Sie uns das bitte ab, dass wir Auflagen haben, das bestmöglich zu bauen und Sie als Bevölkerung so wenig wie möglich zu stören.“