De Handlungsdruck ist hoch. Doch bei der Planung von Flüchtlingsunterkünften sollte die Bürger die Stadt früh einbinden. Nur so gibt es am Ende Akzeptanz, kommentiert Andreas Müller.
Es ist eine Herkulesaufgabe, bei der die Stadt jede Unterstützung verdient. All jene Flüchtlinge unterzubringen, die schon jetzt in Stuttgart sind und noch kommen werden – damit ist die Verwaltung voll gefordert. Ob einzelne Wohnung oder größeres Objekt: jedes Quartier zählt angesichts der Not der fliehenden Menschen, ob aus der Ukraine oder von woanders her.
Bei den meisten Bürgern kann die Stadt auf Verständnis rechnen, jedenfalls grundsätzlich. Sobald aber im eigenen Umfeld eine größere Unterkunft geplant ist, wird genauer hingeschaut. Dann wollen die Nachbarn Näheres wissen zu Zahl, Herkunft und Integrierbarkeit der künftigen Bewohner – ob zuletzt in Hedelfingen oder jetzt in Schönberg. Zentral wichtig ist es daher, sie möglichst früh einzubinden und zu informieren. Nur so kann am Ende Akzeptanz entstehen.
Die Pläne sickern immer schnell durch
Schwierig wird es, wenn die Bürger den Eindruck bekommen, dass schon Fakten geschaffen wurden und sie diese nur noch nachträglich abnicken sollen. Das ist einer der beiden Gründe, die in Schönberg zu verständlichen Irritationen geführt haben. Jetzt nichtöffentlich die Weichen zu stellen, aber erst Mitte Januar informieren zu wollen – das erscheint fast naiv. Bei solchen Vorhaben muss man inzwischen davon ausgehen, dass sie in einem frühen Stadium durchsickern. Insofern tut die Stadt gut daran, über die Pläne an sich fortan öffentlich beraten zu lassen und nur über die Mietkonditionen hinter geschlossenen Türen. Besser, man leistet die Überzeugungsarbeit vorher, als hinterher mit hochkochenden Emotionen umgehen zu müssen.
Berechtigt erscheint auch die Frage, ob bis zu 370 Geflüchtete für das kleine Schönberg nicht zu viel sind. Zumal der Stadtteil wenig Infrastruktur bietet und schlecht angebunden ist. Die Zweifel aus der Bürgerschaft sollte man im Rathaus nicht abtun, sondern ernt nehmen. Die Herkulesaufgabe lässt sich nämlich nur gemeinsam angehen.