Die Vorbereitung der Schüler auf das digitale Zeitalter hat erneut zu Zoff zwischen Regierung und Opposition geführt. CDU und FDP werfen Grün-Rot vor, die Informatik an den Schulen zu schwächen. SPD und Grüne behaupten genau das Gegenteil.

Stuttgart - In einer hitzigen Landtagsdebatte über Informatik an Schulen haben CDU und FDP versucht, Grün-Rot als ewig gestrige Technikfeinde darzustellen. Die Regierungskoalition hingegen sprach von „Lügenmärchen“, „Faktenverdrehung“ und „künstlicher Skandalisierung“ durch die Opposition. Stein des Anstoßes für CDU und Liberale ist der Bildungsplan 2016, in dem Informatik - wie bislang - mit Ausnahme der gymnasialen Oberstufe nicht als eigenes Fach vorgesehen ist. Stattdessen soll Informatik in den unterschiedlichen Fächern behandelt werden. Darin sieht die CDU-Fraktion eine „Abschaffung des Informatikunterrichts“, wie auch der Titel der von ihr beantragten Debatte hieß.

 

CDU-Fraktionschef Guido Wolf rügte Grün-Rot in Baden-Württemberg als technikfeindliches „Widerstandsnest“ gegen Informatik in der Schule. Anders als SPD- und Grünen-Politiker andernorts verkenne die Landesregierung die Bedeutung dieses Themas, sagte der Spitzenkandidat seiner Partei für die Landtagswahl. „Wer Wirtschaft 4.0 will, der muss auch Bildung 4.0 wollen, und davon ist diese Regierung meilenweit entfernt.“ FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sekundierte: „Sie haben Probleme mit der modernen Technik.“

Kultusminister Andreas Stoch (SPD) betonte mit Blick auf den Bildungsplan 2016: „Wir stärken die Informatik. Das, was Sie hier erzählen, sind Lügenmärchen.“ Unter der CDU-geführten Vorgängerregierung habe es das Fach Informatik gar nicht gegeben. Vielmehr habe diese es im Bildungsplan 2004 gestrichen. „Es ist nicht möglich, Dinge abzuschaffen, die es jedenfalls in der Sekundarstufe I nicht gibt“, sagte Stoch. Die Grünen-Politikerin Sandra Boser betonte, bisher sei die Informatik im Unterricht der Sekundarstufe I dem Zufall überlassen gewesen, sie werde erst von Grün-Rot im Bildungsplan verbindlich und konkret verankert.

Von 2017 an kann Informatik als schriftliches Abiturfach gewählt werden

Sowohl Wolf als auch Rülke warfen Stoch vor, seine heutige Politik mit Argumenten aus dem Jahr 2004 begründen zu wollen. Damit ignoriere er den rasanten technischen Wandel von Facebook & Co. Rülke wittert hinter den Plänen der Regierung einen weiteren Angriff auf das Gymnasium.

Stoch wiederum wetterte, die CDU versuche, die Öffentlichkeit mit „Zerrbildern“ und „Angstdebatten“ zu verunsichern, im Bildungsplan-Beirat aber auf der Linie der Regierung zu sein. Die Forderung nach einem eigenen Fach Informatik sei in diesem Beratungsgremium der Landesregierung nicht einmal aufgekommen.

Der SPD-Bildungsexperte Stefan Flust-Blei betonte, Informatikexperten rieten von einem eigenständigen Fach Informatik ab und bevorzugten fächerübergreifende Angebote. Denn es bestehe die Gefahr, dass andernfalls alle Nicht-Informatik-Lehrer sich zurücklehnten und das Thema den Fachkollegen überließen. Diese pädagogischen Erkenntnisse ließen CDU und FDP völlig außer Acht: „Sie waren damals wie heute in Richtung gestern unterwegs.“

Im neuen Bildungsplan soll unter der Leitperspektive Medienbildung ab Klasse eins Informatik thematisiert werden. In Klasse 5 seien 35 Unterrichtseinheiten vorgesehen. In der gymnasialen Oberstufe wird Informatik in der Oberstufe des Gymnasiums als zwei-, an 25 Schulen im Modellversuch auch als vierstündiges Fach angeboten. Von 2017 an kann es als schriftliches Abiturfach gewählt werden.