Auf der Gästeliste stehen hinter den Namen die Berufe. „Influencer“ liest man da oft. Etliche mit oder ohne Einfluss haben die Winter-Winetime auf dem Infoturm Stuttgart eröffnet. The Länd und the Ratskeller waren ein Streitthema über den Dächern der Stadt.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Matthias Sziedat, aus Bayern stammender Moderator von SWR 1, hat gerade noch eines erwischt – ein gelbes Hoodie mit der Aufschrift „The Länd“. Ob Socken, Taschen, Shirts oder Vesperbretter – alle Fanartikel der umstrittenen Landeskampagne sind momentan ausverkauft, hat das Staatsministerium stolz mitgeteilt. Ist die „Länd“-Liebe etwa größer, als dies die heftige Kritik an den Denglisch-Plakaten vermuten lässt? Oder sind zu wenig Werbeprodukte hergestellt worden? Sziedat jedenfalls freut sich, wenn er demnächst daheim in Bayern mit „The Länd“ herumläuft und dafür womöglich ein paar dumme Sprüche kassiert.

 

„Erst fand ich die Kampagne blöd“, sagt der Moderator bei der Winter-Winetime über den Dächern der Stadt, „doch sie ist gar nicht so schlecht.“ Wenn Baden-Württemberg „The Länd“ sei, dann müsse sein Sender SWR 1 „The Rädio“ sein. Dafür plädiert Matthias Sziedat im Gespräch mit Gudrun Nopper. Die Frau des Stuttgarter Oberbürgermeisters, die ohne ihren Mann, aber mit ihrem Sohn Carl-Alexander Nopper auf den Infoturm des Stuttgarter Hauptbahnhofs zum Start der Glühweinsaison gekommen ist, hält dagegen. Sie findet es nicht gut, wenn Sprüche plakatiert werden, die falsch geschrieben sind. Wie sollten junge Menschen dann das richtige Englisch lernen?

„Provinzieller als diese Werbemaßnahme ist, sich darüber aufzuregen“

The Länd und the Ratskeller sind allgegenwärtig in diesen Tagen. Eine Influencerin, auf Instagram aktiv, sagt dazu: „Noch provinzieller als die neuen Werbung des Landes und der neue Name des Ratslokals ist, sich darüber so richtig aufzuregen.“ Der Jungwinzer Thomas Diehl, mit den Betreibern des roten Infoturms der Gastgeber der Winter-Winetime, greift das beherrschende Thema in seiner Begrüßungsrede auf. „Nicht auf Slogans kommt’s an“, sagt er, „sondern auf die Menschen, die sich für ihre Stadt einsetzen.“ Es ist ein Lob an seine Gäste, von denen viele beherzte Streiter für Stuttgart seien.

Die Dachterrasse des temporären Bahnhoftürmles lädt zu einer grandiosen Rundumsicht ein. Die in der Nacht bunt beleuchtete Kesselstadt, die einem zu Füßen liegt, muss harte Zeiten voller Baustellen überstehen. Dennoch erschließt sich Stuttgarts Schönheit von hier oben. Wer zum ITS will, muss einen Rundwanderweg zurücklegen – Anfang nächsten Jahres wird auch noch der letzte Steg zu den Gleisen abgerissen, weshalb ein weiterer Wanderweg hinzukommt.

Ginstr stellt die neue Wintersorte vor

Eine bunte Vielfalt an Stuttgarter Kreativen ist versammelt. Das Weingut Diehl, eben erst vom Magazin „Falstaff“ für „verlässliche Weinqualitäten, die uns auch in diesem Jahr überzeugen“ gelobt, serviert kühlen Rosé-Sekt, aber auch heißen Winzerglühwein, von der Chefin zubereitet. Pasta aus dem Parmesanlaib gibt’s von Gesine Schuhriemen, die bis zur Pandemie Stewardess war, dann wegen Corona ihren Job verloren hat und sich nun mit einem Foodtruck selbstständig gemacht hat. Markus Escher vom preisgekrönten Ginstr stellt seinen Winter-Gin vor. In der Pandemie war weniger los als sonst, weshalb er experimentiert hat. Herausgekommen ist eine neue Sorte mit duftenden Zimtsternen, frischen Mandarinen, Orangen und gebackenen Pflaumen.

Monika Hirschle berichtet von Impfungen im Theater der Altstadt

Unter den Gästen: DJane Alegra Cole, der Blogger und Autor Patrick Mikolaj („Unnützes Stuttgartwissen“), Fabian Schmutzer, der Geschäftsführer der Designagentur Hochburg – und eben etliche Influencer, die bei Instagram ihr Publikum haben und es ständig vergrößern wollen . Die Schauspielerin Monika Hirschle, die bald als Miss Sophie („Dinner for one“) in der Komödie im Marquardt zu sehen ist, berichtet von der Impfaktion im Theater der Altstadt, bei der sie sieben Stunden lang mitgeholfen hat: „Wir hatten 220 Impfungen, viele davon kamen zum Boostern.“ Im Stuttgarter Westen zog sich die Schlange über zwei Straßen. Den Kulturschaffenden sei es sehr wichtig, dass sich möglichst viele immunisieren, sagt Monika Hirschle – in einem erneuten Lockdown würde es zuerst die Kultur treffen, befürchtet sie. Wenn jeder einzelne noch jemand überzeugen kann, sich doch noch zum ersten Mal impfen zu lassen, sagt ein weiterer Gast, sei dies viel mehr wert als jede Länd-Kampagne.

Die Winter-Edition der Winetime auf dem Infoturm Stuttgart findet bis zum 28. November immer freitags bis sonntags von 17.30 Uhr bis 21.30 Uhr statt. Karten gibt es im Netz zum Preis von fünf Euro (die erste Tasse Glühwein oder Kinderpunsch ist inklusive).