Initiative „Freie Aktive Schule Teck“ Ohne Druck selbstbestimmt lernen
Einen neuen Bildungsakzent im Landkreis Esslingen möchte eine Initiativgruppe aus Holzmaden mit der Gründung der „Freien Aktiven Schule Teck“ setzen.
Einen neuen Bildungsakzent im Landkreis Esslingen möchte eine Initiativgruppe aus Holzmaden mit der Gründung der „Freien Aktiven Schule Teck“ setzen.
Holzmaden - Was du mir sagst, das vergesse ich. Was du mir zeigst, daran erinnere ich mich. Was du mich tun lässt, das verstehe ich.“ Die Erkenntnis des chinesischen Philosophen Konfuzius steht Pate für eine Initiative aus Holzmaden, die einen neuen Akzent im Bildungssystem im Landkreis Esslingen setzen möchte. Voraussichtlich im Herbst soll ihre Freie Aktive Schule Teck, kurz FAST, in Betrieb gehen. „Uns geht es um selbstbestimmtes, freies und würdevolles Lernen, bei dem die Kinder Kompetenzen erlangen, die für die Zukunft wichtig sind“, sagt Julia Truppat, selbst Mutter von drei Kindern, zum Vorhaben, hinter dem der 2020 gegründete „Verein für freie Bildung“ steht. Das pädagogische Konzept steht bereits. Doch die wohl größte Hürde muss noch genommen werden: Im Augenblick ist die Initiative auf der Suche nach einem Gebäude, in dem sich die Ziele umsetzen lassen.
Würde, Freiheit, Individualität, Autonomie, Vertrauen – um diese Werte dreht sich die Arbeit der Initiativgruppe. „Wir streben keine Revolution im Sinne einer grundlegenden Neuerung an“, betont Truppat. „Uns geht es vielmehr um eine Evolution, die Lebensformen und deren natürlichen Prozess anzunehmen und weiter zu entwickeln.“ Die Schwerpunkte sollen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Kunst, Technik, Ökologie, Gesundheit und Soziales bilden. Doch Fächer im normalen Sinne gibt es nicht. Es gehe um ein „alltagsbezogenes Lernen mit allen Sinnen“, sagt Truppat, die als Personalreferentin tätig ist. Wichtig sei, in der Schule eine „angenehme, familiäre und soziale Atmosphäre zu gestalten, in der jeder so angenommen und wertgeschätzt wird, wie er ist – ohne Leistungsdruck, ohne standardisierte Lernzielkontrollen, dafür aber mit einem großen Angebot an freien Arbeitsmaterialien in verschieden eingerichteten Räumen, an inner- und außerschulischen Lernorten, an altersgemischten Projekten und Lerngruppen“. Die Freiheit sei allerdings nicht grenzenlos, sondern berücksichtige stets die Rechte des Nächsten.
Gestartet werden soll mit maximal 20 Kindern bis zur fünften Jahrgangsstufe. Klassen gibt es nicht. „Es geht darum, miteinander und voneinander zu lernen“, erklärt Arabella Braun, die ebenfalls dem Initiativkreis angehört und als Projektmanagerin in der Textilindustrie arbeitet. Jedes Kind habe einen inneren Bauplan – diesen zu fördern setze man sich in der Freien Schule zur Aufgabe. „Die Kinder brauchen ganz andere Kompetenzen als heute, um die Probleme der Zukunft zu bewältigen“, ist Braun überzeugt. Truppat spricht von „Erziehung auf Augenhöhe“. Genauso habe man es erlebt bei einem Besuch im Pieks, einer Freien Schule in Leinfelden-Echterdingen, die zwei Kinder aus Holzmaden besuchen. „Da ist der Funke bei uns übergesprungen.“ Danach habe man den Verein für freie Bildung gegründet.
Eine neue Schule zu gründen und dafür auch die Genehmigung des Landes zu bekommen, ist nicht einfach. Das pädagogische Konzept für den Grundschulbereich habe man bereits im baden-württembergischen Kultusministerium eingereicht, berichtet Julia Truppat. Vermutlich im Sommer werde auch das Konzept für die Werkrealschule vorliegen. Maximal 100 Schulplätze strebe man an.
Der Verein rechnet inklusive Miete und Lehrergehältern mit jährlichen Ausgaben von rund 100 000 Euro. Fördergelder vom Land kann es laut Gesetz erst nach einem dreijährigen Schulbetrieb geben. Bei der Finanzierung hofft man auch auf Sponsoren. Ebenso strebe man Bildungspartnerschaften mit Unternehmen an, sagt Braun. Davon könnten beide Seiten profitieren. Eine Kooperation mit Stiftungen könne man sich ebenfalls vorstellen.
An Schülern werde es nicht mangeln, sind sich Truppat und Braun einig. Es gebe bereits Anmeldungen aus allen Jahrgangsstufen. Wichtig sei nun vor allem, dass man ein geeignetes Gebäude finde, in dem sich das Schulkonzept umsetzen lasse. „Davon hängt natürlich viel ab“, sagt Braun. Es müsse kein Gebäude sein, in dem es bislang schon einen Schulbetrieb gab. Das könne auch ein gewerblich genutztes Gebäude sein. Ebenso sei man beim Standort offen. „Das muss natürlich nicht Holzmaden sein.“
Das Konzept: Keine Noten, kein fester Stundenplan und statt fixer pädagogischer Inhalte nur Lernangebote – nach diesen Prinzipien laufen Freie Schulen. Die Kinder entscheiden selbst, was sie wann lernen. Die Schulen setzen auf die Eigenmotivation der Schüler und wollen sie auf ihrem Weg zu mündigen Bürgern begleiten. Lehrer sind auf diesem Weg Lernbegleiter. Klassenräume gibt es nicht. Alle Räume können von den Kindern zum Spielen, Lesen und Lernen genutzt werden.
Die Vorbilder: In ihren Konzepten beziehen sich die Alternativen Schulen meist auf den Entwicklungspsychologen Jean Piaget, die Reformpädagogin Maria Montessori und auf Rebeca und Mauricio Wild.
18 Schulen im Land: Im Bundesverband der Freien Alternativschulen (BFAS) sind über 150 Freie Alternativschulen und Gründungsinitiativen in Deutschland zusammengeschlossen. In Baden-Württemberg gibt es derzeit 18 solcher Schulen, die zu ihren Grundprinzipien selbstbestimmtes Lernen, demokratische Mitbestimmung und gegenseitigen Respekt zählen. Erprobt ist das Konzept Freier Aktiver Schulen seit Anfang der 1970er-Jahre.
www.freie-alternativschulen.de
www.fas-teck.de