In Göppingen hat man Lehren aus den Aufmärschen der Rechten gezogen: Den Anfängen bei Kindern will man wehren, wie auch der Gewaltforscher Andreas Zick nahelegt.

Göppingen - Unbequeme Wahrheiten über den Zustand der Gesellschaft hat Andreas Zick, der Leiter des Bielefelder Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung, den rund 50 Teilnehmern einer ersten Demokratiekonferenz in der Göppinger Stadthalle präsentiert. Doch dabei beließ er es nicht. Er wies auch Wege aus dem Dilemma und zeigte auf, wie Stadtgesellschaften die Demokratie lebendig erhalten können. So forderte er mehr Bildung. Wer mehr wisse, sei weniger anfällig für Vorurteile, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt. „Bildung ist der Königsweg der Demokratie, lassen Sie die Kinder so lange wie möglich in der Schule“, lautete die Quintessenz seines Vortrags mit dem sperrigen Titel „Zwischen Willkommenskultur und Abschottungsgewalt – Menschenfeindlichkeiten und -freundlichkeiten in Deutschland“.

 

Geschlagene zwei Stunden analysierte Zick akribisch die Faktoren, die zur Ausgrenzung und Abwertung anderer Menschen und in letzter Konsequenz zu Gewalt führen. Und er hätte sicher noch mehr zu sagen gehabt. Ein Befund sei herausgestellt: vor allem junge Leute und Senioren neigen zu rechtsextreme Einstellungen.

Trotz einer erschlagenden Fülle an Informationen griffen die Teilnehmer dieser ersten Göppinger Demokratiekonferenz, die zahlreiche Institutionen, Verbände und Vereine in der Stadt repräsentieren und die eine lokale Partnerschaft für Demokratie gebildet haben, selbst zu fortgeschrittener Stunde den Ball auf. Sie brachten ihre Vorschläge zu Papier, wie eingangs von der Ersten Bürgermeisterin Gabriele Zull gewünscht.

Die Ausführungen des Gewaltforschers waren Wasser auf die Mühlen von Iris Marschang-Hubbe, entsprechend viele Vorschläge steuerte sie auch bei. Sie ist ehrenamtlich tätig im Vorstand der Jebedaya Jugendprojekte im Göppinger Stadtbezirk Jebenhausen und arbeitet außerdem mit Schulkindern. Vieles von dem, worüber Zick gesprochen hatte, kennt sie aus ihrem beruflichen Alltag. Schon bei Kindern gebe es Ausgrenzung und „Ungleichwertigkeit“. Dies macht sie vor allem an der Sprache fest. Das Schlimme sei, dass eine verletzende Wortwahl für viele Kinder ein normaler Umgangston sei. Deshalb sieht sie, auch darin stimmt sie mit Zick überein, einen verstärkten Handlungsbedarf in Kindergärten und Schulen. „Man muss früh anfangen, Demokratie zu gestalten.“