In Stuttgart-Plieningen haben sich Bürger zum ersten Klimagespräch getroffen. Die Graswurzelbewegung möchte als Vorbild ausprobieren, wie Stuttgart bis 2035 klimaneutral werden kann.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Eine Idee aus Emmen in den Niederlanden hat es in einem ersten Schritt nach Plieningen geschafft. Ein Mann hat sie eingebracht, um den Klimaschutz in den Stadtbezirken Plieningen und Birkach spürbar voranzubringen. Dabei geht es um das, was gerade eh alle interessiert: das Energiesparen. In Emmen gibt es seit Januar 2022 eine lokale Währung; Einwohner werden mit digitalen Wertmarken belohnt, wenn sie Einblick geben in anonym übermittelte Daten zu Energiesparmaßnahmen im Haushalt. Mit den Wertmarken können sie dann energiesparende Geräte im lokalen Handel einkaufen. Könnten sich das Plieningen und Birkach abgucken?

 

Um Vorschläge wie diesen ging es beim ersten Klimagespräch in den beiden Pilotbezirken Anfang dieser Woche. Denn in Birkach und Plieningen hat sich 2020 eine Initiative gegründet, die als Vorreiter für die Gesamtstadt ausprobieren möchte, was es im Alltag konkret bedeutet, die Nachhaltigkeitsziele der UN, kurz SDGs, vor Ort umzusetzen. Bei dem Gespräch nun, zu dem alle und jeder eingeladen waren, ging es explizit um den Klimaschutz und die Energiewende.

30 Leute suchten eine Antwort auf die Frage

Die zentrale Frage des Abends: Stuttgart bis 2035 klimaneutral, 15 Jahre früher als ursprünglich geplant, wie kann das klappen? Rund 30 Leute sind ins Alte Rathaus nach Plieningen gekommen, weil sie darauf offenbar Antworten suchen. Worum es bei diesem ehrgeizigen Ziel geht, hat zunächst Jürgen Görres erläutert. Er ist der Leiter der Energieabteilung im Amt für Umweltschutz, und er ist derjenige, bei dem das Stuttgarter Klimaziel auf dem Schreibtisch liegt.

Klimaneutral – „das klingt immer so schön“, sagte Görres. Für die Stadt Stuttgart bedeute es vor allem: weg von den fossilen Energieträgern. Doch der Experte betonte auch, dass die Energiewende mehr ist als der Umstieg auf erneuerbare Energien. Damit sie gelinge, müsse auch an der Effizienz und am Verbrauch geschraubt werden. Wenn das Zieljahr 2035 gehalten werden solle, müsse man jährlich kontrollieren, wo man stehe und was man erreicht habe. „Da hat Stuttgart ein Päckchen vor sich“, sagte Görres in Plieningen. „Da müssen alle mitziehen.“

Vor allem auch die Bürger, denn die Privathaushalte müssten ihren Beitrag ebenso leisten wie die Stadtverwaltung, Handel und Gewerbe, die Industrie und der Verkehr. Von den 317 694 Wohneinheiten in der Landeshauptstadt müssten Stand heute noch 63 Prozent saniert werden. „Hier müssen wir Lösungen mit dem Handwerk finden.“

Rund 50 Ideen sind zusammengekommen in Plieningen

Auf Lösungen und Möglichkeiten war auch das erste Klimagespräch in Plieningen/Birkach angelegt. Rund 50 Ideen haben die Teilnehmer im Vorfeld oder am Abend selbst eingereicht. Von einem Energiekonzept für die Mehrzweckhalle über den Ausbau des Wärmepumpen-Konzepts, einen Fairteiler für Lebensmittel, weniger Fleisch in der Gastronomie, Tempo 30 als Standard bis zu erweiterten Kurzstreckentickets – um nur wenig zu nennen.

Vor allem die Energieversorgung durch Erneuerbare und die Radwege sind große Themen gewesen. Viele Leute fühlen sich nicht sicher, wenn sie mit dem Rad unterwegs sind. Das müsse sich ändern, sagt Evelyn Sindermann von der Initiative 70599_Lebenswert. Sie und die anderen werden die Vorschläge nun sichten und dann zu einem zweiten Klimagespräch am 30. November wieder mitbringen. Bis dahin sollten zudem möglichst auch schon erste Ergebnisse vorzeigbar sein, sagt sie. Die Idee mit den digitalen Wertmarken aus dem holländischen Emmen als Anreiz zum Energiesparen findet Evelyn Sindermann sehr interessant. Doch das sei sicher „ein längerer Prozess“.