Das Inklusionstheater „alledabei“ studiert gerade eine überraschend neue Version des Märchens für die Leonberger Theatertage ein. Der Auftritt ist im Mai.

Mein Herz gehört nun mal einem anderen, das habe ich jetzt endlich gemerkt“, sagt das Aschenputtel, das eigentlich lieber Cindy genannt werden möchte, und wendet sich vom Prinzen ab. Schnurstracks geht sie auf den Knecht zu und macht ihm einen Heiratsantrag. Und der Prinz will auch gar nicht heiraten, sondern lieber Schlagerstar werden, ergreift das Mikrofon und schmettert unter dem Beifall des Publikums „Ich bin der König von Mallorca, ich bin der Prinz von Arenal“. Und als dann schließlich ganz zum Schluss die im realen Leben nur als Computerstimme bekannte Alexa und der Pflegeroboter Robbi mit all den anderen Schauspielern von der Bühne aus dem Publikum zuruft: „Zusammen sind wir wunderbar“, ist ihnen tosender Schlussapplaus sicher.

 

Bloß kein Aschenputtel?

Die etwas andere Fassung des bekannten Grimm‘schen Aschenputtels, die die Theatergruppe „alledabei“ der Lebenshilfe Leonberg gerade probt, trägt nicht umsonst den Titel „Oh je, nicht Aschenputtel!“ Denn eigentlich wollen zwei betagte Damen im Pflegeheim dieses Stück nicht sehen und sind doch bald selbst ein Teil davon.

Elisabeth Kolofon hat die bekannte Aschenputtel-Geschichte so umgeschrieben, dass sie zwar noch wiederzuerkennen ist, aber zugleich völlig neu und modern daherkommt. Die Informatikerin, die bei der Lebenshilfe Ansprechpartnerin für Öffentlichkeitsarbeit und Inklusion und selbst Mutter zweier Kinder mit Handicap ist, hat Erfahrung mit der Neufassung von traditionellen Märchen. Nach Frau Holle, Schneewittchen, den „Leonberger Stadtmusikanten“ und dem Gestiefelten Kater hat sie jetzt mit viel Witz und überraschenden Einfällen Aschenputtel so umgearbeitet, dass die Menschen auf und vor der Bühne ihren Spaß daran haben. Denn es soll nicht nur um Inklusion gehen, sondern auch um gute Unterhaltung.

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2016 wurde die Theatergruppe „alledabei“ der Lebenshilfe Leonberg in Kooperation mit der bühne 16 gegründet. Schauspielerinnen und Schauspieler mit und ohne Behinderung gehören dazu. Man brauche dabei eine gute Mischung, so Elisabeth Kolofon. Und die hat sie mit der aktuellen Besetzung gefunden, zu der fünf Darstellende, die sonst bei anderen im Altkreis Leonberg bekannten Laientheatern aktiv sind, sowie sechs junge Frauen und Männer mit Handicap gehören.

Gerade wird intensiv geprobt, denn in wenigen Wochen will die inklusive Theatergruppe im Theater im Spitalhof vor großem Publikum auftreten. Sie bilden damit den Schlusspunkt der Leonberger Theatertage, die vom 11. bis zum 22. Mai gehen.

Auftritte stärken Selbstbewusstsein

Elisabeth Kolofon ist nicht nur die Stückeschreiberin, sie leitet ihre Truppe bei der Probe sachte, aber bestimmt durch die vorgegebene Handlung. Dabei scheint jeder der Akteure genau die für ihn passende Rolle zu haben. „Ich überlege mir vorher, wer welche Rolle spielt“, erklärt sie. Sie schreibe ihre Stücke auf bestimmte Personen zu und „die sind schon so auf der Bühne, wie sie auch im Leben sind“, sagt sie mit einem Schmunzeln.

Durch die auf den Leib geschnittenen Rollen ist auch die Spielfreude der Darsteller unübersehbar, beispielsweise bei der lebhaften und selbstbewussten Sandra Pregitzer in der Rolle des Aschenputtels. „Vor Publikum kommen vor allem unsere Schauspieler mit Behinderung so richtig in Fahrt. Während andere oft mit Lampenfieber zu tun haben, genießen sie die Aufmerksamkeit.“ Solche Auftritte würden ihr Selbstbewusstsein stärken, weiß Elisabeth Kolofon aus Erfahrung. Ihr Sohn Sebastian ist als Prinz auch in der aktuellen Aufführung dabei.