Die inklusive Jazz-Combo Groove Inclusion aus dem Remstal hat Chancen auf den renommierten Deutschen Jazzpreis. Doch selbst wenn es nicht klappt, sehen sich die Musiker als Gewinner.
Die Riesenüberraschung kam pünktlich zum 11. Geburtstag: Die inklusive Jazz-Combo Groove Inclusion aus dem Remstal ist für den Deutschen Jazzpreis nominiert worden. „Wir freuen uns wie Bolle“, sagt Rosa Budziat, deren Idee es im Jahr 2013 war, eine Band für Musikbegeisterte mit und ohne Behinderung auf die Beine zu stellen. Für die Nominierung in der Kategorie „Musikvermittlung und Teilhabe“ gibt es ein Preisgeld von 4000 Euro.
Dass Menschen mit Behinderung meist wenig Chancen haben, in ein Orchester aufgenommen zu werden, wusste Rosa Budziat von ihrem Mann Eberhard. Dieser ist Musiker und unterrichtete zwei Posaunenschüler mit Downsyndrom, denen es auch so ging. „Dann gründen wir eben eine Bigband“, beschloss Rosa Budziat, die zu dieser Zeit Leiterin der Volkshochschule Unteres Remstal war, welche das Projekt bis heute betreut und unterstützt.
Ob sich genügend Mitglieder für die Band finden würden, stand anfangs in den Sternen. Doch kurz nach der Ausschreibung hatten sich mehr als 40 Interessenten gemeldet – gut doppelt so viele wie erhofft. „Wir mussten schauen, wer in der Lage ist, in einer Band mitzuspielen, wer von den Bewerbern zuhören und sich in eine Gemeinschaft einfügen kann“, erzählt Rosa Budziat.
Auch talentierte Anfänger bekamen eine Chance
Die meisten spielten bereits ein Instrument, aber auch talentierte Anfänger bekamen eine Chance. „Im ersten Projektjahr hat das Sozialministerium Musikunterricht für alle Bandmitglieder gefördert“, erzählt Budziat.
Insgesamt stellte das baden-württembergische Sozialministerium für das erste Projektjahr rund 57 000 Euro im Zuge des Förderprogramms „Impulse Inklusion“ zur Verfügung. Davon wurden neben den Honoraren für Unterrichtsstunden auch das Bandcoaching, Fahrdienste und die Assistenz für die behinderten Musiker bezahlt.
Drei Bandleader sorgen für neue Stücke
Der Großteil der heute 27 Bandmitglieder ist seit der ersten Stunde dabei. Das gilt auch für Hans Fickelscher, der mit Arne Meerwein und Holger Bihr die Leitung hat. „Es ist ihr Verdienst, dass es uns noch gibt“, sagt Rosa Budziat: „Die drei Bandleader geben sich viel Mühe und schauen darauf, dass wir uns weiter entwickeln. Sie lassen sich immer wieder neue Stücke einfallen.“
So hat Groove Inclusion im Lauf der Jahre ein Repertoire von 20 Stücken eingeübt – die Bandbreite reicht von „Rehab“ von Amy Winehouse über Lou Reeds „Walk on the wild side“ bis zu einer Jazz-Version des Brahms-Klassikers „Guten Abend, gute Nacht“, die vom Posaunisten und Pianisten Uli Gutscher stammt. Dass die Mischung aus Souljazz und Pop bestens ankommt, haben zuletzt die bejubelten Jubiläumskonzerte im Jahr 2024 bewiesen, bei denen Hans Fickelscher den Rolli des Bandkollegen auch mal als Schlaginstrument nutzte.
Daumendrücken für die Preisverleihung am 13. Juni
„Wir freuen uns riesig über die Nominierung beim größten und wichtigsten Jazzpreis in Deutschland“, sagt Hans Fickelscher, der für die Band derzeit einen „versierten Kontrabassisten“ sucht. „Das ist eine tolle Wertschätzung für unsere Band-Arbeit in den letzten elf Jahren.“ Am 13. Juni, bei der Preisverleihung in Köln, gelte es nun, die Daumen zu drücken.
Aber selbst wenn es mit dem Preis nicht klappt, fühlen sich die Bigband-Mitglieder als Gewinner. Die Auftritte auf der Bühne geben Selbstbewusstsein, davon ist Rosa Budziat überzeugt. Und speziell von den Musikern mit Behinderung habe sie viel gelernt – zum Beispiel weiterzumachen, wenn mal etwas nicht so gelingt, wie man es sich wünscht. Die Band an sich sei ein politisches Statement: „Wir lassen uns nicht auseinander dividieren.“