In Latzhose ist Bundesinnenminister Friedrich durch die Landschaft gestiefelt und hat Bäume gepflanzt. Damit ackerte er für sein Image.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Wenn der Herr über 45.000 Bundespolizisten und 2500 Verfassungsschützer mit einer grünen Latzhose daherkommt, so ist das nicht in jedem Fall eine Uniform - oder etwa Tarnung. Ganz im Gegenteil. Hans-Peter Friedrich trägt in dieser Kluft seine heimliche Gesinnung zur Schau. Wenn er nicht (widerwillig) Bundesinnenminister geworden wäre, dann würde er gerne Gärtner sein. Das hat er einmal in einem Interview verraten. An diesem Tag darf er seinen Wunschtraum richtig ausleben.

 

Eigentlich ist es Friedrichs Job, Terroristen das Wasser abzugraben, rechtsradikale Umtriebe zurückzustutzen, die öffentliche Sicherheit zu hegen. Nun stiefelt er durch einen Weinberg, den Friedrich der Große anno 1769 beim Schloss Sanssouci anlegen ließ, gräbt Löcher, stutzt Reben, pflanzt Apfelbäume - und hegt damit sein Image als tatkräftiger, bodenständiger Politiker. Das Beet, das er dabei beackert, ist sein öffentliches Ansehen. Da gibt es noch viel zu tun, so wie in der verwilderten Rebanlage des Alten Fritz am Potsdamer Klausberg.

Komposthaufen der Geschichte

Zu Hause in Hof hat der CSU-Mann auch einen Garten. Dort wachsen sogar vier Rebstöcke, obwohl die Gegend eher für süffiges Bier als für genießbaren Wein berühmt ist. Friedrichs Frau kocht aus den Trauben Marmelade. Und seit der Hausherr in Berlin ein Ministeramt versieht, mäht er den Rasen auch nicht mehr selbst. Dennoch gibt der Oberfranke mit Spaten, Schubkarre und Baumschere eine gute Figur ab. Als Innenminister gelingt ihm das nicht immer. Immerhin schaffte er es, eine missratene Hinterlassenschaft seines Vorgängers zu jäten: Friedrich beförderte den Plan für eine Polizeireform auf den Komposthaufen der Geschichte. Gleich am ersten Arbeitstag im neuen Amt verhedderte er sich jedoch im Dornengestrüpp seiner Ansichten zum Islam. Die Zusammenarbeit mit den liberalen Koalitionspartnern will nicht recht gedeihen. Und manche Einlassungen wirken wie Dung für die Aussaat seiner Kritiker.

So ist das auch diese Woche, als Friedrich mit einem Interview den Anschein erweckt, er wolle die Anonymität im Internet verbieten. Das hat er gar nicht gesagt. Aber aus der Warte eines Gärtners gleicht das Resultat seiner Worte einer Missernte. Vor allem die Unterstellung, die Verhältnisse in der virtuellen Welt allzu naiv zu bewerten, macht den Minister fuchtig. Er sei "enttäuscht von der intellektuellen Plattheit" der kritischen Einwände aus der Netzgemeinde, sagt Friedrich und klingt dabei so rabiat, als sei ihm aufgetragen worden, den ganzen Weinberg zu roden.

"Hasenkopf", "Rheinischer Bohnenapfel", "Kaiser-Wilhelm-Apfel"

Wenn der Minister erzählt, was er sonst noch an politischen Initiativen zu züchten gedenke, so klingt das ein bisschen wie die Namen der Apfelsorten, die im friderizianischen Obstgarten reifen: wohltönend, vieldeutig, aber nicht immer aussagekräftig. Drei Bäumchen pflanzt der Minister bei seinem freiwilligen Arbeitseinsatz fern des eigenen Schreibtisches. Ein "Hasenkopf" ist darunter, ein "Rheinischer Bohnenapfel" und ein "Kaiser-Wilhelm-Apfel". Er marschiert höchstselbst mit dem Eimer zum Brunnen, um die Setzlinge zu wässern, besichtigt dann voller Gärtnerstolz sein Werk. "Die stehen die nächsten hundert Jahre hier", hofft Friedrich mit Blick auf die Bäume. So nachhaltig ist sein Wirken im Hauptberuf als Minister wohl kaum.