Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte vorige Woche zu der Aufforderung Schleswig-Holsteins an alle Regierungen mit grüner Beteiligung, einem dreimonatigen Abschiebestopp nach Afghanistan zu folgen, gesagt: „Die Aufforderung ist mir nicht bekannt.“ Die rechtliche Situation sei für ihn eindeutig: Für die seriöse Beurteilung der Lage in Afghanistan sei ausschließlich die Bundesregierung zuständig. Die Ermessensspielräume, die die Landesregierung habe, bezögen sich auf die Person und nicht auf das Zielland. „Ich finde klare Verantwortlichkeiten immer wichtig und dass man sich daran hält.“ Verantwortlichkeiten zu vermischen, „führt hinterher nur dazu, dass der eine die Schuld auf den anderen schiebt“. Daher, so der Grüne, „werden wir erst mal von so etwas keinen Gebrauch machen“, erteilte er dem Kieler Wunsch nach einem Abschiebestopp eine Absage. „Weil wir sonst diese Verantwortung an uns ziehen würden“. Er müsse in der Zusammenarbeit mit den Verfassungsorganen davon ausgehen, dass das jeweils andere Verfassungsorgan das seriös mache. Zudem erwarte er, dass die Bundesregierung ihre Beurteilung stets aktualisiere. „Darauf muss ich mich verlassen können“, sagte der Ministerpräsident.

 

11 900 ausreisepflichtige Afghanen

Die Mainzer Integrationsministerin Anne Spiegel (Grüne) bekräftigte am Montag: „Wir teilen die Einschätzung des Bundesinnenministers zur Sicherheitslage in Afghanistan nicht.“ Nach Angaben des Bundesinnenministeriums leben in Deutschland derzeit 11 900 ausreisepflichtige afghanische Staatsangehörige – etwa 10 300 von ihnen haben einen Duldungsstatus.

Die Kontroverse erhält neue Nahrung durch die am Montag veröffentlichten Zahlen der Vereinten Nationen zur Gewalt am Hindukusch. Demnach hat die Zahl der getöteten oder verletzten Zivilisten mit 11 418 Fällen 2016 einen neuen Höchststand seit Beginn der systematischen Erfassung im Jahr 2009 erreicht, wie die UN-Mission Unama berichtete. Demzufolge wurden 3498 Menschen getötet – unter ihnen 923 Kinder, so dass schon mehr als jedes vierte Opfer jünger als 18 Jahre war. 7920 Menschen wurden verletzt – unter ihnen 2589 Kinder, die Schäden bis zur Erblindung und schweren Verkrüppelungen davontrugen. Während die Zahl der Toten um fast zwei Prozent zurückging, stieg der Wert der Verletzten um sechs Prozent.

Immer mehr Frauen am Hindukusch gezielt ermordet

Die Gefechte zwischen Taliban und Sicherheitskräften waren die häufigste Todesursache, weil sich die Kämpfe immer mehr in dicht besiedelte Regionen hineinziehen. An zweiter Stelle folgten die von den Rebellen abgelegten Sprengsätze, sogenannte IEDs, weil diese oft unbeabsichtigt von Kindern berührt werden. Gut 60 Prozent aller zivilen Opfer würden von Taliban und Terroristengruppen hervorgerufen, wobei der Islamische Staat eine deutlich blutigere Spur durch das Land zieht als noch 2015: 899 Fälle (209 Tote, 690 Verletzte) haben die IS-Milizen zu verantworten. Die Zahl der gezielten Morde an Frauen wie Polizistinnen oder Menschenrechtsaktivistinnen wuchs um 25 Prozent.

Gut ein Fünftel der zivilen Opfer gehen auf das Konto der afghanischen Sicherheitskräfte und zwei Prozent zulasten der internationalen Koalition, so die UN. Einen Höchststand von 590 Geschädigten (250 Tote und 340 Verwundete) verursachten die Luftschläge der afghanischen und internationalen Kräfte.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte vorige Woche zu der Aufforderung Schleswig-Holsteins an alle Regierungen mit grüner Beteiligung, einem dreimonatigen Abschiebestopp nach Afghanistan zu folgen, gesagt: „Die Aufforderung ist mir nicht bekannt.“ Die rechtliche Situation sei für ihn eindeutig: Für die seriöse Beurteilung der Lage in Afghanistan sei ausschließlich die Bundesregierung zuständig. Die Ermessensspielräume, die die Landesregierung habe, bezögen sich auf die Person und nicht auf das Zielland. „Ich finde klare Verantwortlichkeiten immer wichtig und dass man sich daran hält.“ Verantwortlichkeiten zu vermischen, „führt hinterher nur dazu, dass der eine die Schuld auf den anderen schiebt“. Daher, so der Grüne, „werden wir erst mal von so etwas keinen Gebrauch machen“, erteilte er dem Kieler Wunsch nach einem Abschiebestopp eine Absage. „Weil wir sonst diese Verantwortung an uns ziehen würden“. Er müsse in der Zusammenarbeit mit den Verfassungsorganen davon ausgehen, dass das jeweils andere Verfassungsorgan das seriös mache. Zudem erwarte er, dass die Bundesregierung ihre Beurteilung stets aktualisiere. „Darauf muss ich mich verlassen können“, sagte der Ministerpräsident.

11 900 ausreisepflichtige Afghanen

Die Mainzer Integrationsministerin Anne Spiegel (Grüne) bekräftigte am Montag: „Wir teilen die Einschätzung des Bundesinnenministers zur Sicherheitslage in Afghanistan nicht.“ Nach Angaben des Bundesinnenministeriums leben in Deutschland derzeit 11 900 ausreisepflichtige afghanische Staatsangehörige – etwa 10 300 von ihnen haben einen Duldungsstatus.

Die Kontroverse erhält neue Nahrung durch die am Montag veröffentlichten Zahlen der Vereinten Nationen zur Gewalt am Hindukusch. Demnach hat die Zahl der getöteten oder verletzten Zivilisten mit 11 418 Fällen 2016 einen neuen Höchststand seit Beginn der systematischen Erfassung im Jahr 2009 erreicht, wie die UN-Mission Unama berichtete. Demzufolge wurden 3498 Menschen getötet – unter ihnen 923 Kinder, so dass schon mehr als jedes vierte Opfer jünger als 18 Jahre war. 7920 Menschen wurden verletzt – unter ihnen 2589 Kinder, die Schäden bis zur Erblindung und schweren Verkrüppelungen davontrugen. Während die Zahl der Toten um fast zwei Prozent zurückging, stieg der Wert der Verletzten um sechs Prozent.

Immer mehr Frauen am Hindukusch gezielt ermordet

Die Gefechte zwischen Taliban und Sicherheitskräften waren die häufigste Todesursache, weil sich die Kämpfe immer mehr in dicht besiedelte Regionen hineinziehen. An zweiter Stelle folgten die von den Rebellen abgelegten Sprengsätze, sogenannte IEDs, weil diese oft unbeabsichtigt von Kindern berührt werden. Gut 60 Prozent aller zivilen Opfer würden von Taliban und Terroristengruppen hervorgerufen, wobei der Islamische Staat eine deutlich blutigere Spur durch das Land zieht als noch 2015: 899 Fälle (209 Tote, 690 Verletzte) haben die IS-Milizen zu verantworten. Die Zahl der gezielten Morde an Frauen wie Polizistinnen oder Menschenrechtsaktivistinnen wuchs um 25 Prozent.

Gut ein Fünftel der zivilen Opfer gehen auf das Konto der afghanischen Sicherheitskräfte und zwei Prozent zulasten der internationalen Koalition, so die UN. Einen Höchststand von 590 Geschädigten (250 Tote und 340 Verwundete) verursachten die Luftschläge der afghanischen und internationalen Kräfte.