CDU und FDP sehen sich in ihrem Verdacht bestätigt, dass Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) die alten Polizeipräsidenten wieder zu den neuen machen möchte – und die Stellenausschreibungen entsprechend hingebogen werden.

Stuttgart - Innenminister Reinhold Gall (SPD) gerät bei der Besetzung der neuen Polizeiführungsebene noch stärker unter Druck. CDU und FDP verlangen Aufklärung über die am 24. Februar erfolgte Ausschreibung für die Polizeipräsidenten und Vizepräsidenten. „Wenn es zutrifft, dass bestimmte Kandidaten durch passgenaue Profile bevorzugt wurden, ist das ein bedenklicher Vorgang“, sagt der CDU-Innenpolitiker Thomas Blenke. Die FDP-Fraktion will das Thema in den Landtag tragen und hat deshalb eine Aktuelle Debatte beantragt mit dem Titel: „Herr Innenminister, wurde die neuerliche Ausschreibung der Polizeipräsidenten auf Ihre Wunschkandidaten zugeschnitten?“

 

Wie die Stuttgarter Zeitung berichtete, legen interne Mails aus dem Landespolizeipräsidium den Verdacht nahe, dass bei der Ausschreibung auf die zunächst ernannten, dann aber nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe wieder abberufenen Polizeichefs Rücksicht genommen wurde. Am Morgen des 5. Februar berichtete Detlef Werner, der Inspekteur der Polizei, an den Landespolizeipräsidenten Gerhard Klotter über eine Besprechung zur Ausgestaltung der Stellenausschreibung. Dabei äußerte er sich zu der Frage, inwieweit Erfahrung bei Großeinsätzen als Kriterium für die Vergabe der Spitzenjobs eine Rolle spielen sollte.

Der Polizeiinspekteur schreibt: „Über das Thema Einsatzerfahrung haben wir nicht gesprochen. Ich würde es aber weglassen. Ich habe mir zuvor die Kollegen betrachtet und überlegt, was diese in den letzten 5 – 10 Jahren gemacht haben. Wir würden mit einer Anforderung Einsatzerfahrung Semling rauskicken.“ Franz Semling war als Vizepräsident in Offenburg vorgesehen gewesen. Auch bei sechs weiteren, namentlich genannten und von dem Karlsruher Richterspruch betroffenen Vizepräsidenten zeigte sich Werner unsicher über deren ausreichende Einsatzerfahrung. Die Opposition hat schon mehrfach den Verdacht geäußert, Innenminister Gall werde die alten Polizeipräsidenten und deren Stellvertreter wieder zu den neuen machen. Die Erstbesetzung, die ohne Ausschreibung erfolgte, hatte vor Gericht keinen Bestand gehabt, weil nicht für alle Ernannten aktuelle schriftliche Leistungsbewertungen vorlagen.

Landespolizeipräsidium bestreitet die Vorwürfe

Das Landespolizeipräsidium bestreitet die Vorwürfe. Die Anforderungsprofile seien mit Blick auf den Gerichtsentscheid „möglichst breit auf bisherige Führungsfunktionen mit der Laufbahnbefähigung des höheren Polizeivollzugsdienstes gefasst“ worden, heißt es in einer Stellungnahme dazu.

Der CDU-Innenexperte Blenke fordert den Innenminister auf, er müsse „unverzüglich sagen, wie die Ausschreibung gelaufen ist“. Bereits jetzt stelle sich die Frage, ob Gall und das Ministerium noch in der Lage seien, „ohne Ansehen der Person zu entscheiden“. Der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke moniert, das von Gall zu verantwortende Vorgehen gefährde auf lange Sicht die Funktionsfähigkeit der Polizei.