Auf der Innenministerkonferenz am Freitag stößt die Reform des Verfassungsschutzes auf massive Kritik. Im Visier der Landesminister steht dabei Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Die seit geraumer Zeit diskutierte Reform des Verfassungsschutzes kommt nicht voran. Die Länder signalisierten auf der Innenministerkonferenz in Hannover massiven Widerstand gegen einen Gesetzesentwurf des Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU). Das Gesetz ist nach Informationen aus dem Ministerium frühestens gegen Ende des Jahres beschlussreif.

 

Friedrich handelte sich Kritik ein, da er seine Länderkollegen kurzfristig mit den Reformplänen konfrontierte. Mit dem umstrittenen Gesetz will der Bund Lehren aus dem Versagen der Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit den Umtrieben des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) ziehen. Minister Friedrich drängt auf mehr Kompetenzen für das Bundesamt für Verfassungsschutz. Dieser Behörde, die seinem Haus untersteht, will er das Recht einräumen, bei gewaltorientierten Bestrebungen in einzelnen Bundesländern die Ermittlungen an sich zu ziehen.

Gall: „Der Bund will offenbar in die Länder rein regieren“

Dagegen wendet sich auch der baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall (SPD). „Der Bund will offenbar in die Länder rein regieren“, kritisierte er gegenüber der Stuttgarter Zeitung. Friedrich habe mit seinem Vorgehen für „Disharmonie“ unter den Innenministern gesorgt. Gall wirft dem CSU-Minister vor, dass er „ein Höchstmaß an Zentralität“ für den Verfassungsschutz anstrebe. „Auf dieser Grundlage kann man solche schwierigen Dinge nicht abhandeln“, sagte er. Es gebe gute Gründe, in der Sicherheitsarchitektur föderale Strukturen zu erhalten.

Friedrich habe mit seinem Vorstoß „ein Eigentor geschossen“, sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD). „Was wir nicht brauchen ist eine Umkehr der Sicherheitsarchitektur.“ Dabei gehe es keineswegs um Eitelkeiten der Länder. Eine „Megabehörde in Berlin“ sei der inneren Sicherheit in Deutschland aber nicht dienlich. Friedrichs Pläne seien „für die Länder nicht akzeptabel“.

Bundesamt für Verfassungsschutz sollte als Zentralstelle sichtbar gestärkt werden

Bei der dreitägigen Innenministerkonferenz in Hannover unterbreitete eine Expertenkommission Vorschläge, wie die Sicherheitsbehörden reformiert werden müssten. In dem 365-Seiten-Bericht heißt es unter anderem, eine „Zentralisierung von Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden oder ein fachliches Weisungsrecht des Bundesamtes gegenüber den Landesbehörden“ sei nicht erforderlich.

Eben dies strebt Friedrich für den Bereich des gewaltbereiten Extremismus aber an. Die Expertenkommission empfiehlt: „Das Bundesamt für Verfassungsschutz sollte als Zentralstelle sichtbar gestärkt werden.“ Aus dieser Zielvorgabe ergebe sich „zwangsläufig“, was in Friedrichs Gesetzesentwurf vorgesehen sei, heißt es im Bundesinnenministerium. Friedrich sagte, die Kritik aus den Ländern sei „dem heraufziehenden Wahlkampf geschuldet“. Deren Betonung eigener Souveränität stehe dem Ziel einer effektiven Bekämpfung extremistischer Bestrebungen entgegen.