Die Innenminister von Bund und Ländern verständigen sich über das weitere Vorgehen gegen die NPD.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Eine entscheidende Hürde auf dem Weg zum Verbot der NPD soll bis Monatsende überwunden sein. Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich am Donnerstagabend darauf verständigt, Spitzel des Verfassungsschutzes in den Führungsgremien der Partei abzuschalten. Sie werden von April an nicht mehr kontaktiert. Dabei geht es um sämtliche Informanten im Bundesvorstand und den Landesvorständen der NPD.

 

Damit sei aber noch keine Entscheidung über einen neuerlichen Verbotsantrag getroffen, so betonte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Abend nach der Sonderkonferenz in Berlin. Zunächst solle nun Material gesammelt werden, das die verfassungsfeindlichen Ziele der NPD sowie ihr „aggressiv-kämpferisches“ Vorgehen gegen das freiheitliche System der Bundesrepublik belegen soll. Das Beweismaterial soll sich auf die Jahre 2008 bis Ende 2012 erstrecken. Erst wenn diese Dokumente vorliegen, lasse sich beurteilen, ob es sinnvoll sei, ein zweites Verbotsverfahren anzustrengen, sagte Friedrich. Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), zurzeit Vorsitzender der IMK, rechnet damit, dass im Dezember dieses Jahres eine entsprechende Entscheidung getroffen werden könne. Sein Kollege Friedrich wollte jetzt allerdings noch keine Prognose äußern, ob ein neuerlicher Verbotsantrag wahrscheinlich sei.

Der erste Versuch, die NPD zu verbieten, war 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, da ein Teil der Richter die zahlreichen V-Leute des Verfassungsschutzes in den Spitzengremien der NPD beanstandet hatten. Es sei deswegen nicht klar zu bewerten, wie eigenständig die Partei agiere. Zudem blieb zweifelhaft, in welchem Umfang die der NPD zur Last gelegten beweise tatsächlich von bezahlten Informanten des Verfassungsschutzes stammten. Mit der jetzt getroffenen Entscheidung, solche Quellen nicht mehr zu nutzen, „setzen wir also das um, was uns vom Bundesverfassungsgericht ins Stammbuch geschrieben wurde“, sagte Caffier. Der Staat wolle sich „Zeit für Sorgfalt und Vernunft“ nehmen, so Friedrich.

Der Innenminister von Sachsen-Anhalt, Holger Stahlknecht (CDU), wertete die einstimmig gefassten Beschlüsse als „gutes Signal“. Die Ministerrunde habe deutlich gemacht, „dass wir juristische Machbarkeit vor das politische Wollen setzen“. Für das weitere Vorgehen seien „Seriosität und Ehrlichkeit“ entscheidend. Der Staat dürfe sich „nicht treiben lassen“. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte, es gebe unter seinen Kollegen den „gemeinsamen Willen, ein Verbotsverfahren nur dann zu betreiben, wenn es erfolgreich betrieben werden kann“. Dabei dürften die ermittelnden Sicherheitsbehörden „nicht die Sorgfalt vernachlässigen“.

Es sei unzweifelhaft, dass die NPD „die Demokratie und die tragenden Grundprinzipien unseres Staates ablehnt“, sagte Bundesinnenminister Friedrich. Doch das Bundesverfassungsgericht habe für Parteienverbote „hohe Hürden“ aufgestellt. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) bekräftigte, es sei „völlig klar, dass die NPD eine zutiefst verfassungsfeindliche Partei“ sei. Man dürfe sich in der Bekämpfung rechtsextremistischer kräfte jedoch nicht nur auf ein NPD-Verbot konzentrieren. Wichtig sei auch, die freien Kameradschaften und autonome Nationalisten im Auge zu behalten. Falls es notwendig sein sollte, im Zuge eines Verbotsverfahrens gegenüber den Karlsruher Richtern die geheimen Quellen des Verfassungsschutzes zu offenbaren, so wäre damit nach Schünemanns Ansicht in Frage gestellt, ob ein solches Verfahren überhaupt angestrebt werden sollte. „Wir können das Informantensystem nicht gefährden“, sagte der Minister. „Das wäre kontraproduktiv.“ Schünemann betonte zudem, dass er nicht gedenke, sämtliche Spitzel aus der NPD abzuziehen. In gleichen Sinne hatte sich zuvor auch Friedrich geäußert. Falls ein Parteiverbot nicht erfolgversprechend sei, so der niedersächsische Minister, so solle versucht werden, der NPD den staatlichen Geldhahn zuzudrehen. Dazu bedürfte es jedoch einer Korrektur des Grundgesetzes.