Die Nachbarn kamen zu Besuch und haben sich mal umgeschaut. Die Stuttgarter Nachrichten und die Stuttgarter Zeitung hatten am Donnerstag zur Einweihung des Stadtleben-Büros geladen.

Stuttgart - Es ist ein merkwürdiges Ding mit diesem Stuttgart. Es erstreckt sich über 207 Quadratkilometer, 23 Bezirke gehören dazu; doch wenn der Plieninger, Möhringer Botnanger, Weilimdorfer die Hänge hinabsteigt, sagt er: Ich gehe in die Stadt. Ganz so als wohne er selbst auf dem Dorf.

 

Was ist das denn nun, die Stadt? Es gilt die Faustregel: Dort wo der Feinstaub schwebt, tobt auch das Leben. Auf den Grund des Kessels kommen alle, zum Ausgehen, zum Einkaufen, zum Feiern, mittlerweile auch gern wieder zum Wohnen. Und zum Arbeiten. So wie die Redakteure des Stadtleben-Teams der Stuttgarter Nachrichten und der Stuttgarter Zeitung, die in das Büro am Hans-Im-Glück-Brunnen gezogen sind.

Dorfs: Ein lange gehegter Traum geht in Erfüllung

Klar, auf einen Einzug folgt die Einweihungsparty. Am Donnerstagabend begrüßten die Chefredakteure Joachim Dorfs und Christoph Reisinger die Nachbarn von nah und fern. Etwa Konzertveranstalter Christian Doll, Dekan Sören Schwesig, Verleger Gerald Domdey, die Direktorinnen Ulrike Groos (Kunstmuseum) und Cornelia Ewigleben (Landesmuseum) und viele andere. „Ein lang gehegter Traum“ gehe mit dieser Redaktion in Erfüllung, sagte Dorfs. Gewünscht habe man sich sogar mit der ganzen Mannschaft wieder von den Fildern den Berg hinab zu ziehen, sagte Dorfs. Doch nicht nur wer eine Wohnung sucht, tut sich schwer. Auch Büroraum ist knapp. „Und bevor wir in der Heilbronner Straße in der zweiten Reihe landen“, sagte Reisinger, „haben wir uns für diesen Ort entschieden, mitten in der Stadt.“ Der direkte Augenschein sei für einen Journalisten durch nichts zu ersetzen, hier merkt man: So schmeckt, so riecht die Stadt. So fühlt sie sich an.

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Nicht immer ist das angenehm. Manchmal muffelt die Stadt auch und stinkt. Lokalchef Holger Gayer sprach mit Veronika Kienzle, der Bezirksvorsteherin Stuttgart-Mitte, über die Annehmlichkeiten der Stadt, aber auch über ihre Nachteile. So mancher Vandale hinterlässt den Anwohnern seinen Müll und seinen Urin. Kienzle: „Die Bespielung des öffentlichen Raumes muss man immer wieder neu entwickeln und verhandeln.“ Man müsse sich immer wieder neu die Frage stellen: „Wie wollen wir hier leben?“ Damit die große Sause nicht auf Kosten der 23 000 Menschen gehe, die in der Innenstadt leben.

Wie kommt man ma besten voran? Mit Rollschuhen!

Christoph Achenbach, Inhaber von Lederwaren Acker im Königsbau, hatte dafür eine pragmatische Lösung parat: „Respekt.“ Wie er überhaupt nicht zur Panik neigt. „Nein, der Online-Handel schwebt nicht wie ein Damokles-Schwert über uns.“ Man könne sich behaupten, auch weil seine Leute sich als Berater verstünden, nicht als Bediener. Auch das Dorotheenquartier von Breuninger mit seinen immensen Handelsflächen schreckt ihn nicht. „Wir haben schon ganz andere Sachen in unserer langen Firmengeschichte überstanden als die Eröffnung des Dorotheenquartiers.“ Denn: „Handel ist Wandel.“

So wie eine Stadt sich auch ständig wandelt. Das führt uns zur letzten Frage. Wenn es so toll ist in der Stadt, warum sind die Zeitungen überhaupt fort? Das war dem Fortschritt der Technik geschuldet. 1976 zogen die Stuttgarter Zeitung und die Stuttgarter Nachrichten ihrer Druckerei hinterher. Die Zeitung hatte seit 1945 im Tagblattturm residiert und dort auch gedruckt. Die Nachrichten waren seit 1946 durch die Stadt gewandert, von der Reinsburgstraße zum Schlossplatz, dann in die Räpplenstraße. Platz war rar, wie überall in der Innenstadt. Also zogen Redaktion, Rotation, Versand und Vertrieb nach Möhringen, wo man sich ausbreiten konnte.

Nun, 40 Jahre später, ist man wieder in der Stadt. Und wie kommt man am besten voran? Das Auto kann es ja wohl nicht sein, wenngleich Gastronom Yusuf Oksaz (Mrs. Jones) so viele hat, dass er sie nicht zählen kann verriet er Holger Gayer. Meistens stehen sie in Garagen. Gemeinsam mit Kollege Juan Blanco del Rio vom Deli und vom Classic Rock Café empfiehlt er Rollschuhlaufen, dabei haben die beiden sich nämlich als Jünglinge kennengelernt. Ganz klar, die „California CS4 mit SKF-Kugellagern“ braucht der rasende Reporter. Dann ist er gerüstet für die Stadt.