Kultur: Adrienne Braun (adr)

Die einen befriedigen ihre Sehnsucht nach dem Thrill vielleicht nur beim „Tatort“ oder der Krimilektüre, andere machen Bungee-Jumping oder fordern den Tod mit Hochgeschwindigkeit heraus. Zu siegen – ob über Widrigkeiten, andere Menschen oder sich selbst – scheint süßer zu sein als sanfte Seligkeit.

 

Und so kämpft man in den Yoga-, Achtsamkeits- oder Atemkursen nicht nur gegen die eigenen Emotionen, die bei Kränkungen oft schneller brodeln, als einem lieb ist, sondern man atmet auch gegen eine sehr lange kulturelle Tradition an. Allein auf den Bühnen wird seit Jahrhunderten appelliert zu kämpfen und kritisieren, gesellschaftliche Missstände zu erkennen, benennen und verändern. Dass „Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist“ wird dagegen bestenfalls in der Operette in Champagnerlaune geträllert.

Gute Medizin fürs Seelenwohl

Dabei wäre Gelassenheit an der richtigen Stelle eine sehr gute Medizin fürs eigene Seelenwohl. Sie wäre durchaus eine Tugend in dieser Gesellschaft, der es letztlich sehr gut geht – so gut, dass man sich nicht ernsthaft echauffieren müsste, weil es im Restaurant mal nicht schnell genug geht oder nur ein billiger Cabernet Sauvignon auf der Karte steht. Aber irgendetwas treibt uns dann doch immer wieder dazu, uns zu empören, zu ärgern, auf die Palme zu bringen oder das Schlimmste anzunehmen. Das Unken hat sogar Hochkonjunktur, denn wer nicht stets das Schlechteste denkt, so der moderne Aberglaube, der wird schon noch sein blaues Wunder erleben.

Wie sie sich eigentlich fit halte, wurde Hildegard Knef einmal gefragt. „Ich laufe Amok. Jeden Tag!“ Für den modernen Wutbürger mag das ein Indiz sein, dass sie ein kritischer, politischer Geist war. Für den vietnamesischen Mönch Thich Nhat Hanh wäre es dagegen nur ein weiterer Beleg, dass die Welt eben ist, wie sie ist – mit all ihren Krisen und Kriegen. Wer keinen Frieden in sich selbst gefunden hat, ist Thich Nhat Hanh überzeugt, der kann auch nicht zum Friedenswerkzeug werden.