Auch im dritten Jahr erfolgreich: „Bachbewegt! Tanz!“. Das schul- und generationenübergreifende Projekt der Bachakademie gastiert im Theaterhaus Stuttgart.

Stuttgart - „Achtung, wir beginnen – alle bitte zu den Seiten!“ Kräftig klatscht Friederike Rademann in die Hände, um dann die Kinder und Jugendlichen in ihre Positionen einzuweisen. Die Gesten der Tänzerin und Choreografin haben Gewicht, das Kichern und Gemurmel, das gerade noch zu hören war, ebbt ab. Stille kehrt ein auf der Bühne des Forums am Schlosspark in Ludwigsburg. Die Ruhe vor dem musikalischen Sturm: Kaum lässt der Dirigent Hans-Christoph Rademann seinen Taktstock in die Luft sausen, legen die Mitglieder des Bach-Collegiums Stuttgart los. Aus Geige, Cello, Fagott, Oboe und anderen Instrumenten erklingt Johann Sebastian Bach; dazu schreiten die Schüler mit selbst gestalteten Masken feierlich über die Bühne. Sie proben die neue Auflage von „Bachbewegt! Tanz!“, das am heutigen Montag im Theaterhaus Stuttgart spielt.

 

Das Projekt der Internationalen Bachakademie Stuttgart ist bereits in seiner dritten Runde. Initiiert hatte es Friederike Rademann, die einstige Ballettsolistin der Semperoper Dresden, im Jahr 2013. Das Ziel ist, junge Menschen mit und vor allem ohne Tanzerfahrung an Bach heranzuführen, indem sie sich zu der Musik des Komponisten auf der Bühne bewegen. Neben dem Publikum von morgen gehe es vor allem darum, eigene kreative Entdeckungen anzustoßen, heißt es bei der Bachakademie. „Wir suchen nach neuen Formen von Musikvermittlung, die Praxis und Theorie, das Musizieren mit dem Nachdenken, das Erlebnis mit dem Miterleben, das Bewegende mit der Bewegung verbinden können.“ Der Erfolg gibt Rademann und ihrem Team recht: Das kulturelle Bildungsprojekt ist gewachsen, das komplette Kinder- und Jugendprogramm der Bachakademie steht nun unter dem Motto „Bachbewegt!“. Als Kooperationspartner im Boot sind die Pädagogische Hochschule Ludwigsburg und das Staatliche Schulamt. Dort wird das Projekt jährlich ausgeschrieben, um Schulen anzuregen, sich von Bach bewegen zu lassen.

Auch einige Lehrer tanzen mit

In diesem Jahr tun das aus Stuttgart das Karls-Gymnasium und das Evangelische Heidehof-Gymnasium, die Jahn-Realschule, Schloss-Realschule und Körschtalschule sowie die Bodelschwinghschule und Schulen aus der Region. Außerdem stehen Erwachsene mit auf der Bühne, einige Lehrer tanzen mit sowie die Mitglieder der Gruppe Viva Tanz!. „Das Projekt bringt Menschen mit und ohne Behinderung, verschiedene Generationen sowie Schüler unterschiedlicher Schulformen zusammen“, betont Friederike Rademann. Neu ist, dass die rund 100 Kinder und Jugendliche während der Arbeitsphasen nicht nur Bach, genauer seine Orchestersuite 3 mit dem legendären „Air“, kennengelernt haben, die unter dem Titel „Kontrastreich“ den ersten Teil des Programms bilden. Auch haben sie sich über Monate mit dem wohl bekanntesten Violinkonzert seines barocken Zeitgenossen Antonio Vivaldi beschäftigt: „Die vier Jahreszeiten“. Im dritten Satz, dem „Herbst“, interpretieren etwa 15 junge Mädchen das Jagdmotiv auf eigene Weise: Fröhlich schunkelnd bezirzen sie die Männerwelt. Jeder Satz stehe für sich, so Rademann, beschreibe eine kleine Geschichte oder setze emotionale oder begriffliche Assoziationen in Bewegung um. „Ich kann Schritte vorgeben, wichtig ist aber, dass die Jugendlichen die Bewegungen zu ihren eigenen machen, dass sie fühlen und so zu Künstlern werden.“

Das gefällt den Schülern. Pia von der Schloss-Realschule ist bereits zum zweiten Mal dabei. Sie habe Bach, ja klassische Musik neu entdeckt, betont die 15-Jährige. „Außerdem macht es total Spaß, auf der Bühne zu tanzen.“ Davon schwärmt auch Franziska, Schülerin des Mörike-Gymnasiums. „Man ist in einer Rolle – schön ist, wie man sich dabei verwandelt“, so die 19-Jährige. Und während Silvia – sie besucht die Jahn-Realschule – die Kombination aus alter Musik und moderner Bewegung fasziniert, betont Noah vom Karls-Gymnasium, dass er nun wisse, wie viel hinter dem Begriff Ausdruckstanz stecke. Sein Mitschüler Justin hat gar seine Liebe zur klassischen Musik entdeckt und sucht nun im Internet danach. Jana und Rebecca, die auf der Körschtalschule sind, freuen sich über den Zusammenhalt der so unterschiedlich zusammengewürfelten Truppe. „Ich war am Anfang etwas vorsichtig, aber alle sind echt nett“, so die 14-Jährige.