Daimler schließt sich mit dem neuen Zentrum mehr als 300 multinationalen Unternehmen an, die von der IT-Kompetenz und dem Start-up-Geist im Land profitieren wollen.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Tel Aviv - Schwerpunkt des neuen Zentrums in der Technologiemetropole Tel Aviv werden Entwicklungen rund um das smarte und autonome Fahrzeug sein. Dabei ist Israel ein immer wichtigerer Partner. „Das Land verfügt über einen der vier größten Talentpools der Welt“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche zur Eröffnung.

 

Zetsche reihte das Land, das mit 8,5 Millionen Menschen weniger Einwohner hat als Baden-Württemberg, damit direkt hinter die USA, China und Indien ein. Man wolle in Tel Aviv im Rahmen von Pilotprojekten etwa Kommunikationsschnittstellen zwischen Fahrer und Fahrzeug entwickeln, sagt Daimler.

Das Daimler Forschungszentrum in Israel ist noch klein

Mit 25 Fachleuten, die von 2018 an Mobilitätsdienste entwickeln, ist das neue Daimler-Forschungszentrum noch relativ klein. Zum Vergleich: Der US-Autohersteller General Motors, der seit 2008 in Israel forscht und entwickelt, hat mehr als 100 Mitarbeiter. Siemens hat in Israel bereits seit dem Jahr 2000 einen Forschungsstandort, der in der Zwischenzeit auf mehr als 400 Beschäftigte angewachsen ist. Der US-Chiphersteller Intel, der in diesem Jahr für die Rekordsumme von 15,3 Milliarden Dollar (rund 13 Milliarden Euro) das israelische Start-up Mobileye übernommen hat, ist sogar mit 10 000 Mitarbeitern vertreten und hat dort inzwischen seinen weltweit größten Forschungs- und Entwicklungsstandort. Mobileye bietet Fahrerassistenzsysteme an und entwickelt Technologien für autonome Fahrzeuge.Allein seit dem Jahr 2013 ist die Zahl der internationalen Konzerne mit Entwicklungsabteilungen in Israel von rund 250 auf mehr als 300 gestiegen. Der Stuttgarter Technologiekonzern Bosch hat im vergangenen Jahr ein Forschungsbüro in Tel Aviv eröffnet und Porsche im Sommer diesen Jahres.

Enge Kooperation mit Start-ups geplant

Daimler will vor allem eng mit israelischen Start-ups kooperieren. So hat man bereits eine Partnerschaft mit einem so genannten Acceleratoren-Programm geschlossen, das elf ausgewählte Start-ups in Pilotprojekte des neuen Forschungsstandorts einbezieht. Dabei will man insbesondere von deren hoher Entwicklungsgeschwindigkeit profitieren. Daimler nennt als Beispiel die neue EQ Ready App. Diese analysiert das Mobilitätsverhalten und berechnet, ob sich ein Elektrofahrzeug lohnen könnte. Sie wurde binnen fünf Monaten mit einem Start-up entwickelt.

Bereits im September ist der Transporterbereich von Mercedes-Benz ein Joint Venture mit dem israelischen Start-up Via eingegangen. Hier wird eine Plattform angeboten, die sozusagen Mitfahrgelegenheiten für Frachten ermöglicht. Spediteure und Versender können sich hier für Teilladungen kurzfristig zusammenfinden. Mercedes-Benz Vans will hier umgerechnet rund 42 Millionen Euro investieren.

Wie stark israelische Start-ups sich für Kontakte mit der deutschen Automobilindustrie interessieren, hat bereits die erste Runde des Daimler-Kooperationsprogramms Start-up-Autobahn in Stuttgart gezeigt. Von den 13 Start-ups der ersten Runde im Jahr 2016 stammten sechs aus Israel. Das Land, das keinerlei Tradition im Automobilbau hat, profitiert von der Tatsache, dass beim Auto der Zukunft die IT eine immer wichtigere Rolle spielen wird.

Israel hat insbesondere bei Sicherheitsaspekten ein weltweit führendes Knowhow. Die Armee rekrutiert für den dreijährigen Militärdienst bereits in den Schulen ausgesuchte Talente, die dann während ihres Dienstes oft im IT-Sicherheitsbereich arbeiten. Während ihrer Dienstzeit erlernen sie nicht nur hohe Kompetenzen, sondern arbeiten oft auch schon mit potenziellen Start-up-Mitgründern für die Zeit danach zusammen.

Israel fasst in der Autobranche Fuß

„Israel stellt ein Fünftel der weltweiten Ausgaben im Bereich Cybersicherheit“, sagt Avi Simhon, der Wirtschaftsberater des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanyahu. Kein Land der Welt gebe im Vergleich zur Wirtschaftskraft mehr Geld für IT-Innovation aus. Dies sei nicht dem Staat, sondern der Privatwirtschaft zu verdanken: „85 Prozent aller zivilen Entwicklungsausgaben werden so finanziert. Und siebzig Prozent dieses Geldes kommen aus dem Ausland“, sagt Simhon.

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