Stuttgart - Die Digitalisierung bringe Chancen, aber auch Risiken, meint Daimler-Betriebsratschef Michael Brecht. Sie kann belastende und monotone Arbeit verringern. Es dürfe bei diesem Umbau jedoch nicht nur um Kostensenkung gehen.
Herr Brecht, die Manager frohlocken: Die Produktion läuft durch die Digitalisierung flexibler, schneller, kostengünstiger. Wie aber sieht die neue Arbeitswelt aus?
Die neuen Techniken können dabei helfen, körperlich belastende und monotone Tätigkeiten zu reduzieren. Die Mitarbeiter führen dann weniger Montagearbeiten selbst aus, sondern sorgen dafür, dass alles läuft, überwachen die Fertigung, greifen ein, wenn die Produktion stockt. Es kann dadurch mehr gut qualifizierte Arbeit geben. Dies ist aber kein Selbstläufer, sondern muss von uns mitgestaltet werden. Es darf dabei nicht nur um Kostensenkung gehen.
Arbeitsmarktforscher haben eine Modellrechnung vorgelegt, wonach durch die Digitalisierung in Deutschland auf längere Sicht rund 60 000 Jobs wegfallen könnten.
Automatisierung kann natürlich Arbeitsplätze kosten. Bisher wurde aber in unseren Fabriken und Büros auch schon rationalisiert und automatisiert. Trotzdem ist es uns gelungen, an den hiesigen Daimler-Standorten die Zahl der Arbeitsplätze zu halten, zum Teil ist die Beschäftigung sogar leicht gestiegen. Voraussetzung dafür ist, dass wir in Deutschland am Wachstum des Weltmarkts teilnehmen und an unseren Standorten höhere Stückzahlen produzieren, hier die Kompetenzzentren für unsere Produkte sind und die Innovationen entstehen. Das war und ist unser Ziel. Dann kann es auch gelingen, dass die Rationalisierungseffekte der Digitalisierung durch Wachstum ausgeglichen werden.
Wenn in der Zukunft alles mit allem digital vernetzt ist, können auch jede Menge Daten gesammelt werden. Wie kann verhindert werden, dass „Big Brother“ in der Fabrikhalle den Beschäftigten ständig über die Schulter schaut und sie total überwacht werden?
Diese Gefahr sehe ich ebenfalls. Deshalb brauchen wir endlich ein Beschäftigten-Datenschutzgesetz. Darin muss der Umgang mit diesen Daten klar geregelt werden. Wir brauchen gesetzliche Sicherheitszäune, damit nicht alles ausgewertet werden darf.