Für mehrere Tage ist die Schleyer-Halle in Stuttgart der Treffpunkt kreativer Köpfe aus etablierten Firmen und Start-ups. Das New-New-Festival sucht nach internationaler Strahlkraft für die Region.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Kann man die Hanns-Martin-Schleyer-Halle in eine Werkstatt verwandeln? Drei Tage lang begegnen sich 200 Unternehmen und 130 Start-ups in der großen Halle und einem Nebengebäude vollkommen auf Augenhöhe. Die Sperrholzwände und grünen Fachwerkstreben an den Ständen sind jedenfalls für (fast) alle gleich. Ob man etwa bei einem der 50 internationalen Start-ups steht, die in Stuttgart an einem Innovationswettbewerb teilnehmen, oder einen Mittelständler trifft, lässt sich auf den ersten Blick oft nur am Logo erkennen. Was Absicht ist.

 

Junge Studenten und Firmenchefs, kreative Gründer und Ingenieure, aber auch Investoren sollen hier jenseits der üblichen Messeatmosphäre locker ins Gespräch kommen. „Es dreht sich hier nicht gleich alles ums Geschäft. Wir wollen hier Puzzlestücke zusammensetzen und erreichen, dass man sich gegenseitig hilft“, sagt Moritz Gräter vom Veranstalter, der privaten Innovationsplattform Code_n.

Die Besucher treffen sich zu Workshops, bei denen sie in zwei Stunden einen dialogfähigen Chatbot programmieren oder Roboter fürs Fußballspielen fit machen. Dazu gibt es Veranstaltungen wie „Ethik für Künstliche Intelligenz“, „Wie kann man mutige digitale Talente aus dem überfischten Pool ziehen?“ oder „Start-up-Zentren: Hype oder Hilfe?“.

Daimler hat den größten Auftritt

Doch manche sind dann doch ein bisschen gleicher. Daimler hat mit seinem seit zehn Jahren bestehenden Innovationslabor Lab1886 einen großen Auftritt. Ein Lastwagen und ein großer Event-Container in der Halle zeigen, dass auf der Suche nach Kooperationen mit Start-ups im Konzern nicht gekleckert, sondern geklotzt wird. Doch auch die Veranstalter des New- New-Festivals stapeln nicht tief: Es sei in diesem Jahr die größte derartige Veranstaltung in Deutschland und die bisher größte in Baden-Württemberg. Inzwischen ist im Südwesten angekommen, dass die Unternehmen insbesondere digitale Innovationen nicht mehr aus eigener Kraft stemmen können, sondern Impulse von außen brauchen – vor allem von Start-ups.

Baden-Württemberg will durch eine solche, weithin sichtbare Verbindung seiner etablierten Stärken mit neuen Technologien stärker auf der Weltkarte präsent sein. Das machte die Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut deutlich, die wie alle Teilnehmer auf den Podien und in den Workshops auf Englisch auftrat: „Wir sind vielleicht noch nicht so ins globale Bewusstsein gerückt wie Tel Aviv. Wir haben vielleicht noch eine relativ niedrige Start-up-Intensität, aber wenn es um Hightech geht, gehören wir zur Spitzengruppe“, sagte die Ministerin.

Private Innovationsinitiative als Ausgangspunkt

Doch auch wenn sie eine Vielzahl an Initiativen des Landes aufzählen konnte, unter anderem ein bereits im Februar 2019 geplanter nach 2017 zweiter Start-up-Gipfel seitens des Landes, war es eine private Initiative, welche den Anstoß zum Festival gab – bei dem sich nun das Land und die Stadt Stuttgart massiv engagieren. Die Plattform Code_n will vor allem auch kleinere und mittlere Unternehmen aus der Region mit Start-ups zusammenbringen. Sie ist aus einer Initiative des mittelständischen IT-Dienstleisters GFT hervorgegangen. Deren Gründer und heutiger Aufsichtsratschef Ulrich Dietz legte für das Festival die Messlatte hoch: „Wir wollen ein Innovationsevent der Weltklasse sein – das Beste oder nichts.“

Baden-Württemberg habe keine andere Wahl, als Menschen und Ideen jenseits der klassischen Unternehmensschubladen besser zu verknüpfen. „Als Besucher sind sie hier Teil des Spiels. Wir sollten nicht nur über die Zukunft reden, sondern sie gestalten. Wir sind unter massivem Druck, unsere Position zu halten.“ Regionen, die heute wohlhabend seien, blieben dies nicht unbedingt auch in der Zukunft. „Dies ist erst der Anfang. Wir wollen, dass sie in Zukunft nicht nach Texas oder nach Helsinki gehen müssen“, sagte Dietz in Anspielung auf die weltweit wichtigsten Start-up-Treffen.

Stuttgarter OB: Mit Karlsruhe und Manneheim an einem Strang ziehen

Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn räumt ein, dass Stuttgart allein die notwendige globale Aufmerksamkeit gar nicht erreichen könne: „Wir müssen uns mit Karlsruhe und Mannheim zusammentun. Zu dritt können wir etwas erreichen.“ Auch Ulrich Dietz ließ durchblicken, dass bei der Kooperation der regionalen Akteure in Baden-Württemberg noch Luft nach oben ist. Natürlich habe ein wirklich großes Event noch mehr Strahlkraft, sagte er: „ Je konzentrierter, umso besser. Wir sind mit jedem gerne gesprächsbereit“, sagte er auf die von einem bayerischen Journalisten gestellte Frage, ob man nicht beispielsweise mit Daimlers internationalem Projekt Start-up Autobahn etwas gemeinsam veranstalten könne. „Aber erst mal ist es gut, wenn es drei oder vier solche Projekte gibt, sonst gäbe es am Ende ja auch nichts zusammenzulegen“, sagte Dietz.