In Rottweil wurde der baden-württembergische Innovationspreis Cyber One verliehen. Ein Hauptpreis ging an ein Konstanzer Start-up, das eine bisher wenig digitalfreundliche Branche besser ins Netz bringen will.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Rottweil - Ein Bewertungsportal für Handwerker, die gemeinhin nicht als Speerspitze der Online-Welt gelten? Und dann ist es aus Konstanz, wo solche Portale doch normalerweise aus den USA oder zumindest aus europäischen Metropolen wie Berlin kommen? Und zu guter Letzt auch noch ein deutscher Start-up-Name. Die Gründer von Wirsindhandwerk.de ragten in Rottweil bei der traditionsreichen Innovationsolympiade Cyber One heraus. Der Wettbewerb wird von der Wirtschaftsinitative Bwcon und dem Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg veranstaltet.

 

Dominiert wurde das Teilnehmerfeld mit insgesamt neun Finalisten in drei Kategorien von Innovationen wie einer smarten Armbanduhr für die Industrieproduktion, maßgeschneiderten Lichtquellen für die optogenetische Forschung oder einer Methode für die Herstellung von Biokohlenstoffen aus Biomasse.

Das Start-up Wirsindhandwerk.de zeigte hingegen, dass es mit der richtigen Idee auch möglich ist, mit einer Internetplattform für Verbraucher Erfolg zu haben. Die Jury kürte wohl auch deshalb das junge Unternehmen im Segment IT, Medien und Kreativwirtschaft zum Sieger – gegen die Konkurrenz einer IT-Entwicklerplattform und eines von Künstlicher Intelligenz gesteuerten Systems zur Inhaltsanalyse von Bildern und Videos.

Für den Gründer ist es Start-up Nummer sechs

Weg mit dem verstaubten Image des Handwerks, das ist die Mission von Gründer Andreas Owen – für den es sein sechstes Start-up ist. „Vor zwei Jahren habe ich einen Handwerker im Haus gehabt, der einfach eine fantastische Arbeit gemacht hat“, sagt er. Aber als er im Internet seine fünf Sterne für die Leistung platzieren wollte, fand er kein entsprechendes Portal. Noch mehr erschrak er, als er sich die Internetpräsenz des kleinen Betriebs ansah: „Das war nichts anderes als eine Visitenkarte, mit Adresse und Telefonnummer.“ Und als er den Handwerker darauf ansprach, zuckte der nur mit den Schultern. „Handwerker haben fürs Internet oft kein Know-how und weder Zeit noch Lust, sich damit zu beschäftigen“, sagt Guido Sondern vom Gründungsteam.

Gegründet wurde das Start-up Anfang 2016, seit Oktober 2017 ist das Portal online. Es macht sich einen Nachteil des deutschen Marktes zunutze: Das Handwerk hat mit dem digitalen Fortschritt bislang noch Mühe. Das inzwischen zehnköpfige Team hat ein Bewertungsportal aufgezogen, das anders als die Konkurrenz sein will. Etwa als das inzwischen in US-Händen befindliche Portal My Hammer – eine Vermittlungsplattform für möglichst billige Handwerkerleistungen. „Wir vermitteln nicht, wir vergleichen keine Preise“, sagt Sondern – auch das unterscheide das Konzept von anderen Portalen. Es gibt nur Kundenbewertungen zum Preis-Leistungs-Verhältnis der Handwerker. Die Bewertungen werden auf ihre Seriosität hin überprüft. Idealerweise dadurch, dass sich der Kunde durch eine Kopie der Rechnung legitimiert.

Aber auch für einen Handwerker gibt es ein jederzeit abrufbares Beschwerdemanagement, wenn er sich falsch dargestellt sieht. „Versuchen Sie mal bei einem anderen Bewertungsportal eine Beurteilung wieder herunterzubekommen – das ist fast unmöglich“, sagt Firmengründer Owen. Wirsindhandwerk.de fungiert für die Betriebe auch als Mini-Website. Für eine Monatsgebühr von 29 bis 59 Euro kann der Handwerker seinen Betrieb mit Fotos, Produktinformationen und Projekten darstellen. „Für Unternehmen, die sich nicht mir dem Internet herumschlagen wollen, ersetzt das die eigene Website“, sagt Owen. Auch Stellenanzeigen können platziert werden.

Es sei diese auf die deutsche Handwerkskultur ausgerichtete Kombination, die es so bisher nicht gebe, sagen die Gründer. Das Angebot ist ein Zwitter, der sowohl Konsumenten als auch Firmen ansprechen soll. Attraktiv sei man nicht für Firmen, die auf schnelle Aufträge aus seien. „Wir haben festgestellt, dass gerade Handwerker aus Traditionsunternehmen nach einem Weg suchen, wie sie sich seriös im Internet präsentieren können“, sagt Owen. Internet made in Baden-Württemberg sozusagen.

Seriosität per Rechnungskopie