Die Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella) ist eine der häufigsten Libellen. Die äußerst filigranen Flieger sind auch in Fellbach an vielen Teichen zu Hause. Bei der Fortpflanzung nehmen die Männchen die Weibchen ganz schön in die Zange.

Fellbach - Ihr Flug gleicht einer Fee. Doch der feine Körperbau täuscht. Die filigranen Azurjungfern mit knapp vier Zentimetern Körperlänge und einer Flügelspannweite von fünf Zentimetern zählen zwar zu den eher kleinen Libellenarten, aber sie erbeuten andere Insekten im Flug. Und bei der Fortpflanzung sind sie ebenfalls „zupackend“.

 

Die Hinterleibsanhänge, in der Fachsprache Cerci genannt, ähneln einer Zange

Der Körper der Männchen ist azurblau, die Weibchen sind grünlich. Frisch geschlüpfte Libellen haben meist blassere Farben. Beide Geschlechter besitzen charakteristische schwarze Abzeichen am Hinterleib. Namensgebend für die Hufeisen-Azurjungfer ist ein u-förmiges, schwarzes Zeichen am zweiten Segment des Hinterleibs – ein „Hufeisen“. Ein hundertprozentiges Bestimmungsmerkmal ist dieses „U“ jedoch nicht. Bei Experten gilt als sicherstes Kennzeichen die Form der Zange, die sich ganz am Ende des Hinterleibs befindet.

Die Hinterleibsanhänge, in der Fachsprache Cerci genannt, ähneln einer Zange. Dieses unveränderliche Merkmal muss exakt zum Halsschild der Weibchen passen. Denn beides ist wie Schlüssel und Schloss und spielt eine entscheidende Rolle bei der Fortpflanzung, bei der es nicht immer zärtlich zugeht.

Ist die Befruchtung erfolgt, geht es gemeinsam zur Eiablage

Die Männchen nehmen die Weibchen bei der Paarung nämlich regelrecht in die Zange. Mit dem Greifapparat werden sie hinter dem Kopf gepackt und festgehalten. Das sieht zwar ganz schön brutal aus, verhindert aber, dass die Partner verloren gehen. Nun müssen die Weibchen mitspielen, damit die Befruchtung funktioniert. Sie sind es nämlich, die mit ihrem Hinterleib Sperma aus der Samentasche beim Männchen entnehmen. In dieser Stellung, dem sogenannten Paarungsrad, das die Form eines Herzens hat, geht es also deutlich herzlicher zu.

Ist die Befruchtung erfolgt, geht es gemeinsam zur Eiablage. Das Paar sucht im Tandemflug geeignete Stellen auf, an denen dann das Weibchen mit seinem Legeapparat die Eier in Wasserpflanzen einsticht. Dabei bleibt das Männchen weiterhin mit dem Weibchen. Sinn der Dauerbewachung: Es wird verhindert, dass die Auserwählte von einem anderen Männchen befruchtet werden könnte.

Als fliegende Libelle leben sie dann nur rund einen Monat lang

Die wenig spezialisierte und in Europa weit verbreitete Hufeisen-Azurjungfer legt ihre Eier in Seen, kleine Tümpel und Gartenteiche. Nach etwa einem Monat schlüpfen zunächst winzige Larven aus den Eiern, die auf etwa eineinhalb Zentimeter Länge heranwachsen. Die bräunlichen oder grünlichen Larven haben am Ende ihres Hinterleibs drei blattartige Verbreiterungen, die Kiemenblättchen, die der Atmung unter Wasser dienen. Die hervorragenden Schwimmer ernähren sich räuberisch.

Nach einem Jahr entsteigen sie dann dem Gewässer ,,gewissermaßen zu ihrer nächsten „Geburt“: Sie verwandeln sich in ein flugfähige Insekt. In einem mehrstündigen Kraftakt schälen sie sich aus ihrer Larvenhaut. Als fliegende Libelle leben sie dann nur rund einen Monat lang – so lange, bis sich wieder die Geschlechter in die Zange genommen haben.

Was Libellen mit dem Hammerhai verbindet

Drachenfliege
Libellen sind als perfekte Flugjäger in der Luft unterwegs. Ebenso sind sie aber auch als gefräßige Larven im Wasser für andere Insekten wahre „Drachen“. Insofern ist die englische Bezeichnung Dragonflies („Drachenfliege“) wohl sehr zutreffend.

Hammerhai Die Herkunft des Namens Libelle glaubte man lange Zeit, auf das lateinische Wort „libellum“, was übersetzt Büchlein bedeutet, zurückführen zu können. Die Bewegung der Flügel, die wie ein Auf- und Zuklappen eines Buches aussieht, soll dabei inspirierend gewesen sein. In anderen Quellen ist aber ein treffenderes Vorbild genannt: der Hammerhai.

Meeresfisch In einer naturwissenschaftlichen Abhandlung aus dem 16. Jahrhundert von Guillaume Rondelet ist zu lesen: „Ein kleines Insekt könnte Libellula fluviatilis genannt werden, da sein Körperbau einem Meeresfisch ähnelt, der Zygaena oder Libella heißt. Er hat die Form eines ‚T’ oder einer Wasserwaage, wie sie die Architekten verwenden, und wird in Italien auch Hammerfisch genannt.“ Damit ist der Hammerhai gemeint. Abgebildet war eindeutig eine Kleinlibellenlarve, die in der Tat eine Ähnlichkeit mit dem Hammerhai aufweist, dadurch ist die Namensgebung durchaus nachvollziehbar – in jeder Hinsicht.