Das Unternehmen aus Pfullendorf beantragt wegen eingetretener Zahlungsunfähigkeit eine Sanierung in Eigenregie. Obwohl der Großaktionär Tahoe dem Hersteller seine Unterstützung zusichert, droht nun fast 2000 Mitarbeitern der Jobverlust.

Stuttgart - Die jahrelange Talfahrt des Küchenherstellers Alno hat ihren vorläufigen Tiefpunkt erreicht. Das Traditionsunternehmen aus Pfullendorf (Landkreis Sigmaringen) hat am Mittwoch beim Amtsgericht Hechingen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung beantragt. Der Vorstand habe sich dazu entschlossen, weil in den Verhandlungen mit potenziellen Investoren und Gläubigern „zuletzt keine Einigung erzielt werden konnte“, teilte Alno mit.

 

Das Gericht muss nun entscheiden, ob es die Insolvenz in Eigenregie zulässt. Dann könnte die bisherige Alno-Geschäftsführung vorläufig im Amt bleiben und bekäme einen Sachwalter zur Seite gestellt, mit dessen Unterstützung ein Sanierungsplan erarbeitet würde. Anderenfalls wird ein reguläres Insolvenzverfahren eröffnet und der Küchenbauer unter die Kontrolle eines vorläufigen Insolvenzverwalters gestellt. Damit wäre eine Zerschlagung oder Abwicklung von Alno wahrscheinlich.

Gericht muss nun über Insolvenzverfahren entscheiden

Das Unternehmen rechnet mit einer Entscheidung des Gerichts an diesem Donnerstag, wie ein Sprecher auf Anfrage unserer Zeitung sagte. Der Alno-Großaktionär Tahoe hat dem insolventen Küchenhersteller Unterstützung bei der geplanten Sanierung zugesichert. Die Sparmaßnahmen der vergangenen Monate haben „bedauerlicherweise nicht ausgereicht, den Sanierungsstau und die finanzielle Belastung der Altlasten der letzten zehn Jahre aus eigener Kraft abzubauen“, teilte die Beteiligungsgesellschaft, hinter der die bosnische Unternehmerfamilie Hastor steht, am Mittwoch mit. Sie kontrolliert seit Anfang des Jahres gut 43 Prozent der Alno-Anteile und damit auch der Stimmrechte. Tahoe habe die Alno AG nach dem Einstieg „durch diverse Sanierungsdarlehen massiv finanziell unterstützt“ und sei dazu bereit „im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten ihren Beitrag zum Fortbestehen des Unternehmens zu leisten“, heißt es weiter.

Bei der Gewerkschaft IG Metall sieht man den Schritt in die Insolvenz in Eigenregie eher kritisch. Für Michael Föst, den zweiten Bevollmächtigten der Gewerkschaft in Albstadt, hat der Großaktionär zu schnell zu viel gewollt – und nun die Quittung bekommen. Die Insolvenz von Alno sei absehbar gewesen, da die finanzielle Lage beim Küchenbauer seit Jahren angespannt war: „Alno stand in den vergangenen Jahren in Eigenverwaltung und wurde permanent saniert, um die Insolvenz abzuwehren – und landet nun doch in der Insolvenz“, sagte Föst im Gespräch mit unserer Zeitung. Weil er den neuesten Sanierungsplan des Managements noch nicht kennt, äußert er sich nicht zu den Erfolgsaussichten. Die Gefahr, dass es zu einem neuen Stellenabbau kommt, sei jedenfalls da. Man werde sich dagegen zur Wehr setzen, schließlich habe es in den vergangenen Jahren schon eine Reihe von Abbaurunden gegeben. Die jüngste, schon unter der Regie von Tahoe, sei gerade wenige Monate her: Mit rund 250 Stellen wurde mehr als jeder zehnte Arbeitsplatz im Unternehmen gestrichen und Teile der Buchhaltung ins bosnische Sarajevo verlagert.

Am Firmensitz in Pfullendorf arbeiten rund 700 Beschäftigte

Alno beschäftigte zuletzt rund 1900 Mitarbeiter, die meisten am Firmensitz in Pfullendorf (rund 700) und im nordrhein-westfälischen Enger (etwa 500), wo Küchen der Marke Wellmann produziert werden. Das Werk in Coswig-Klieken (Sachsen-Anhalt), in dem günstige Pino-Küchen hergestellt werden, ist genauso vom Insolvenzantrag ausgenommen wie die ausländischen Alno-Tochtergesellschaften, darunter auch die Schweizer Tochter AFP mit den Marken Forster und Piatti, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens.

Wie die Betriebsratsvorsitzende Waltraud Klaiber dem SWR sagte, befinde sich die Belegschaft in Pfullendorf „in Schockstarre“. Die Chancen für eine erfolgreiche Sanierung schätzte die Arbeitnehmervertreterin als gut ein. Die Strategie des Unternehmens müsse nun darauf ausgerichtet werden, die gewinnbringenden Bereiche zu erhalten und andere, etwa das Marketing und die Produktion von Musterküchen zu verschlanken, so Klaiber. Einen weiteren Personalabbau dürfe es nicht geben. Die Mitarbeiter bekommen nun für die kommenden drei Monate Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit.

Wie es danach weitergeht, wollte das Unternehmen am Mittwoch auf Anfrage unserer Zeitung nicht kommentieren.