Die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin braucht jetzt eine schnelle Lösung. Kommt diese nicht, laufen ihr die letzten Kunden auch noch weg, meint der Wirtschaftsredakteur Klaus Dieter Oehler.

Frankfurt - Bisher ist nur eines klar: Der Traum von Joachim Hunold ist ausgeträumt. Der Gründer von Air Berlin, der die Fluggesellschaft immerhin zur Nummer zwei in Deutschland aufgebaut hatte, muss nun zusehen, wie sein Werk auseinanderfällt. Dabei war es nicht nur Hunolds Fehler, dass Air Berlin in die Pleite gerutscht ist. Schließlich haben weder seine Nachfolger als Vorstandschefs noch der spätere Großaktionär Etihad die richtige Strategie gefunden, um das Unternehmen am Leben zu erhalten.

 

Air Berlin ist nicht die einzige Fluglinie, die gescheitert ist. Das liegt vor allem daran, dass sich die Luftfahrtindustrie in den vergangenen Jahren dramatisch gewandelt hat. Tagsüber bei Aldi einkaufen und abends im Sternerestaurant essen gehen – so hat der frühere Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber die Entwicklung einst beschrieben. Man hat sich an niedrige Ticketpreise gewöhnt, beklagt sich dann aber häufig über mangelnden Service oder Verspätungen. Billigflieger wie Ryanair oder Easyjet waren hier in Europa die Vorreiter für dieses Wettrennen.

Schmerzhafter Spagat für die Lufthansa

Für Traditionsgesellschaften wie die Lufthansa aber ist daraus ein schmerzhafter Spagat geworden, den die deutsche Nummer eins durch die Gründung von Eurowings in den Griff bekommen möchte. Air Berlin, diese Kritik muss sich der Gründer gefallen lassen, wollte auf allen Feldern mitspielen: innerdeutsch, europäisch, interkontinental, im Ferien- wie im Linienverkehr. Spätestens mit dem Einstieg von Etihad hätte sich das Unternehmen aber darauf konzentrieren müssen, nur noch ein Zubringer für die Langstreckenflüge der Araber zu werden.

Wie aber soll es jetzt weitergehen? Air Berlin, Lufthansa und auch die Bundesregierung haben offenbar schon beschlossen, dass eine Fortführung des Unternehmens so nicht mehr möglich ist – was vor allem den ehemaligen Luftfahrtunternehmer Hans-Rudolf Wöhrl erzürnt, der sich die Sanierung als Ganzes zutraut. In der Tat läuft der Prozess nicht ganz glücklich, vor allem die Politik hat sich sehr schnell auf eine Strategie festgelegt. Natürlich käme es der Lufthansa sehr entgegen, weitere Teile von Air Berlin zu übernehmen, um den Aufbau ihrer Günstiglinie Eurowings zu forcieren, mit der sie den Spagat besser bewältigen kann. Und natürlich kann man den Luftverkehr auch nicht nur durch die nationale Brille sehen.

Der internationale Wettbewerb ist stark wie nie

Die Angst, dass Flüge innerhalb Deutschlands teurer würden, wenn die Lufthansa zusätzliche Marktanteile bekäme, ist unbegründet. Schon lange muss sich der Kranich damit abfinden, dass nicht nur Air Berlin, sondern auch Easyjet, Ryanair und andere ihm Kunden auf deutschen Flughäfen abjagen. Außerhalb der deutschen Grenzen ist der Wettbewerb ohnehin so stark wie nie zuvor. Daher haben sich weltweit mehrere Allianzen gebildet, angefangen mit der Star Alliance von Lufthansa und United Airlines. Auch hier ist Air Berlin einen Zickzackkurs geflogen und hat keine wirkliche Unterstützung durch die Partner gefunden.

Entscheidend ist jetzt, dass möglichst schnell eine Lösung gefunden wird. Die Kunden von Air Berlin sind verunsichert, schon bald sind erste Flugausfälle trotz des Staatskredits zu befürchten. Die ersten Konkurrenten buhlen bereits um die Piloten der Berliner, die Lage ist bedrohlich. Allerdings ist das Problem nicht einfach zu lösen. Obwohl die Lufthansa ihr Interesse an dem Charterflieger Niki deutlich gemacht hat, würde dieser Air-Berlin-Ableger möglicherweise besser zu Condor, Tui oder Easyjet passen. Aber die Entscheidung liegt bei den Gläubigern. Hier sollten jedoch wirtschaftliche Gesichtspunkte vorrangig sein, durch die die Arbeitsplätze bei Air Berlin weitgehend gesichert werden können. Die Politik sollte sich aus diesem Prozess möglichst heraushalten.