Die Stiftungen von Heinz Dürr und Karl Schlecht finanzieren den Anschub eines neuen Instituts für Energieeffizienz an der Universität Stuttgart.

Stuttgart - Ohne eine massive Verbesserung der Energieeffizienz wird es nicht gehen, ist Heinz Dürr überzeugt. Die stärkere Nutzung regenerativer Energiequellen und der Ausbau einer dezentralen Energieversorgung allein reichen nicht, damit die von der Bundesregierung beschlossene Energiewende ein Erfolg wird. Doch gerade die Energieeffizienz werde „ziemlich stiefmütterlich behandelt“, sagt der Großaktionär des gleichnamigen Lackieranlagenherstellers. „Ohne Energieeffizienz ist die industrielle Basis und damit der Wohlstand des Landes bedroht“.

 

In dem Schwaben Karl Schlecht, Ex-Chef und Ex-Eigentümer von Putzmeister, hat der frühere Bahn-Chef einen Gleichgesinnten gefunden. Über ihre Stiftungen haben sie an der Universität Stuttgart ein Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) gegründet. Fünf Jahre lang übernehmen Dürr (79 Jahre alt) und Schlecht, der am Sonntag 80 Jahre alt wird, die Grundfinanzierung des Instituts; insgesamt liegt die Anschubfinanzierung bei 2,5 Millionen Euro. Ziel sei, erläutert Thomas Bauernhansl, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Produktion und Automation (Ipa) in Stuttgart, dass sich das Institut anschließend selbst trage – und zwar durch Aufträge aus der Industrie oder etwa Projekten, die von Brüssel oder Berlin finanziert werden.

Mehr als zehn konkrete Anfragen aus der Industrie

Bauernhansl, der als Gründungsdirektor fungieren wird, bis ein neuer Leiter des EEP gefunden ist, hofft auf industrielle Aufträge von drei bis vier Millionen Euro; dies würde rund 40 Prozent der Kosten decken. Mehr als zehn konkrete Anfragen aus der Industrie lägen vor; unter anderem von Dürr sowie einem großen US-Computerhersteller, der seine Rechenzentren, die Abwärme produzieren und Kühlung benötigen, effizienter gestalten will. Mitte 2014 soll das neue Institut mit dann fünf wissenschaftlichen Mitarbeitern voll handlungsfähig sein. In den EEP-Beirat sollen unter anderem der frühere Umweltminister Klaus Töpfer sowie der neue Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, Reimund Neugebauer, vertreten sein.

Energieeffizienz wird an der Unis Stuttgart aber nicht als eigenständiges Studienfach aufgebaut; es soll vielmehr Teil des Maschinenbaus oder der Verfahrenstechnik werden. Das EEP, das auch Bundes- und EU-Politiker beraten soll, soll die Energieeffizienz in die Öffentlichkeit tragen. Dazu beitragen soll ein Index, vergleichbar dem Geschäftsklimaindex des Münchner Ifo-Instituts, der den Stand der Energieeffizienz in der Industrie widerspiegelt.

Das EEP wird sich auf die Energieeffizienz der Industrie konzentrieren. Rund 28 Prozent des gesamten deutschen Energieverbrauchs entfallen auf das produzierende Gewerbe. Durch die Optimierung bestehender und Investitionen in neue Anlagen sei mittel- bis langfristig eine Energieeinsparung zwischen 20 und 30 Prozent möglich, schätzt Bauernhansl. Als Beispiel nannte er Anlagen, die industrielle Abwärme (selbst mit niedrigen Temperaturen von 60 bis 80 Grad) in Strom umwandeln.