Die Landesregierung reagiert auf den großen Bedarf der Kommunen in Integrationsfragen und finanziert über 100 zusätzliche Stellen für die Integrations- und Flüchtlingsarbeit vor Ort.

Stuttgart - Rund 150.000 Flüchtlinge hat Baden-Württemberg 2015 aufgenommen. Zehntausende werden dieses Jahr hinzukommen, die meisten dürfen wohl bleiben. „Das Land hat schnell darauf reagiert“, sagt Sozial- und Integrationsminister Manfred Lucha (Grüne). Aufnahme, Unterbringung und Grundversorgung verliefen inzwischen geregelt. Nun müsse der Schwerpunkt auf die Integration gelegt werden. „Diese Menschen müssen so schnell wie möglich Anschluss an die Gesellschaft finden“, fordert Lucha. Eine entscheidende Rolle dafür spielten dabei die Kommunen: in den Schulen, Vereinen und am Arbeitsplatz. Deshalb stellt das Land in diesem Jahr zusätzlich 5,6 Millionen Euro zur Verfügung, die es 108 Kommunen ermöglichen, einen Integrations- oder Flüchtlingsbeauftragten einzustellen oder vorhandene Stellen aufzustocken.

 

Lucha weitet damit ein Programm aus, das im Jahr 2013 von der damaligen Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) aufgelegt wurde. Das Förderprogramm wurde aufgrund der Flüchtlingskrise beständig ausgeweitet. Noch unter Öney sind in diesem Jahr bereits 161 Anträge von Kommunen bewilligt worden. Über weitere Förderungen sollte eigentlich erst nächstes Jahr entschieden werden. Doch weil der Bedarf an Fachleuten in den Kommunen anhaltend hoch ist, hat sich das neu gestaltete Ministerium für Soziales und Integration entschieden, noch in diesem Jahr zusätzliche Anträge zu bewilligen.

Das Land fördert insgesamt 314 Beauftragte

Damit möglichst viele Kommunen eine Unterstützung erhalten, sollen aber mit der neuen Tranche nur solche zum Zug kommen, die in der ersten Förderrunde 2016 nicht berücksichtigt wurden. Die Stellen sind vorerst auf drei Jahre befristet und werden zu 50 Prozent vom Land finanziert. „Die Kommunen können natürlich immer noch was draufsatteln und eine ganze Stelle daraus machen“, sagte Lucha. Baden-Württemberg investiert damit in diesem Jahr mehr als 20 Millionen Euro. Insgesamt werden damit 314 Flüchtlingsbeauftragte gefördert.

Roswitha Keicher, die Vorsitzende des Arbeitskreises der Integrationsbeauftragten des Städtetages im Land, begrüßt diese Entwicklung ausdrücklich: „Das ist ein wichtiges Signal an die Kommunen.“ Denn das einstige Randthema Integration stelle inzwischen eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen dar. Mit der zusätzlichen Förderung könnten die Kommunen nun besser planen. Wo bereits Strukturen vorhanden seien, ermögliche sie Planungssicherheit. Und die Städte und Gemeinden, die jetzt dazu kommen, könnten von den Erfahrungen der anderen profitieren. Bei der stärkeren landesweiten Vernetzung der Beauftragten sei ihr Arbeitskreis gerne behilflich.

Ehrenamtliche als Kümmerer und Motor

Keicher war in Heilbronn lange Jahre als Integrationsbeauftragte tätig und kennt die Herausforderungen der Arbeit aus der eigenen Praxis. Die Beauftragten koordinieren die Arbeit der Ehrenamtlichen; sie erstellen Integrationskonzepte und kooperieren mit unterschiedlichen Trägern, um eine hohe Qualität der Sprachförderung oder die Anerkennung beruflicher Qualifikationen zu ermöglichen. „Sie sind aber vor allem als Kümmerer und Motor unterwegs“, berichtet Keicher. Die Motivation der Flüchtlinge sei in der Regel sehr hoch. Die Nachfrage nach Sprachkursen etwa übersteige bei weitem das Angebot. Schwierige Gespräche hätte sie eher mit den Deutschen führen müssen, „da ist oft viel Überzeugungsarbeit notwendig.“

Trotz der Herausforderung der Flüchtlingsproblematik warnt Keicher aber auch davor, andere Migranten aus dem Blick zu verlieren. Die Beauftragten seien für alle Ausländer zuständig, die es zu integrieren gilt, nicht nur die Flüchtlinge.