Im Alten Waisenhaus soll nach den Vorstellungen der Stuttgarter Eine-Welt-Initiativen ein „Welthaus“ mit Eine-Welt-Laden, Welt-Café und einem Globalen Klassenzimmer entstehen. Wie das Vorhaben finanziert werden soll ist noch offen.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Seit Anfang Oktober gehört Stuttgart zum Kreis der Fair-Trade-Städte, so wie etwa London, Dublin oder Rom. Die Landeshauptstadt ist die 200. Stadt in Deutschland, die sich den Zielen eines weltweit fairen Handels verschrieben hat. Nach diesem Schritt, den der Gemeinderat im Sommer 2011 angestoßen hatte, hoffen die Eine-Welt-Gruppen nun, dass die Stadt ihr Engagement für Weltoffenheit, Integration und globale Gerechtigkeit weiterführt. Der konkrete Wunsch einer Initiative: die Einrichtung eines „Welthauses Stuttgart“, und zwar in derzeit leer stehenden Räume im Alten Waisenhaus. Die Rathausspitze ist dem Vorhaben durchaus zugeneigt. In dieser Woche verhandelt der Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) mit dem Staatsministerium, ob und wie Stadt und Land das Projekt gemeinsam möglich machen könnten. „Ein Eine-Welt-Zentrum würde hervorragend in das Alte Waisenhaus passen“, sagt Werner Wölfle. „Das wäre ein sichtbares Zeichen der Willkommenskultur in Stuttgart.“

 

13 Organisationen haben Verein „Welthaus Stuttgart“ gegründet

Diese Einschätzung ist ganz im Sinne des Vereins „Welthaus Stuttgart“, den 13 Organisationen gegründet haben. „Das wäre ein toller Standort“, sagt Johannes Lauterbach von Stuttgart Open Fair. „So könnten wir zum Beispiel durch die Nähe zum Landtag kombinierte Angebot für Schulklassen machen.“ Die Chancen, im Alten Waisenhaus ein Welthaus einzurichten, hat einen einfachen Grund: Auf der Seite zur Planie sind Ladenflächen und Büros frei geworden, weil eine Fachbuchhandlung den Standort aufgegeben hat.

Weltladen, Welt-Café und Globales Klassenzimmer

Nach dem Konzept des Vereins könnte an der Stelle ein Weltladen entstehen, ein Welt-Café, ein sogenanntes Globales Klassenzimmer als Lernort für Schulklassen und ein zentraler Treffpunkt und Arbeitsmöglichkeiten mit Büros und Versammlungsräumen für Eine-Welt-Gruppen und Migranten-Initiativen. „Die Stadt bekäme dadurch einen Ort, an dem sie ihre Weltoffenheit, ihren Integrationsansatz und ihre Weiterentwicklung sichtbar machen kann“, sagt Johannes Lauterbach.

Der potenzielle Vermieter, das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), das die dem Land gehörende Immobilie seit 1923 in Erbpacht hält, ist offen für das Vorhaben. „Wir stehen der Idee positiv gegenüber“, sagt der ifa-Generalsekretär Ronald Grätz. „Wir sind bestrebt, dem Haus noch mehr Profil zu geben.“ Was bedeutet, dass man neben dem Deutsch-Amerikanischen Zentrum (DAZ), dem Landesforum Baden-Württemberg der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) gerne weitere Institutionen aufnehmen würde, die sich „der internationalen Arbeit“ verschrieben haben, wie Ronald Grätz erläutert. Der Generalsekretär der ifa, die für das Auswärtige Amt in Berlin weltweit den Kulturaustausch fördert, legt aber Wert auf eine solide Finanzierung des Projekts. „Wir brauchen belastbare Mieteinnahmen“, macht Ronald Grätz deutlich.

Land will keine Dauerförderung gewähren

Um dieses Thema wird es heute bei einem Gespräch von Bürgermeister Werner Wölfle im Staatsministerium gehen. Dort wollte man sich vor diesem Treffen nicht äußern, nur so viel sagte eine Sprecherin: Man begrüße die Einrichtung solcher Welthäuser. Was die Finanzierung angeht, gebe es vom Land aber „keine Dauerförderung“, dies sei Sache der Kommunen.

Die Grünen wollen das Projekt mit 100 000 Euro unterstützen

Erste Kontakte zwischen dem Welthaus-Verein und den Ratsfraktionen hat es schon gegeben, erzählt Johannes Lauterbach, die Signale seien durchweg positiv gewesen. Den Finanzbedarf beziffert der Vereinssprecher je nach Konzeptvariante auf 200 000 bis 290 000 Euro pro Jahr, etwa 150 000 Euro davon für Miete und Betriebskosten. Was nicht heißt, dass die Stadt die gesamte Summe aufbringen müsste. Für den Welthaus-Verein ist eine feste Zusage für die Grundfinanzierung wichtig. „Wenn wir die haben, können wir auch auf andere Zuschussgeber zugehen“, sagt Lauterbach. Und angesichts der bevorstehenden Beratungen für den Doppeletat 2014/2015 erklärt er: „Wir hoffen, dass wir in die laufenden Haushaltsberatungen noch reinkommen.“ Die Grünen-Fraktion hat das Ansinnen des Vereins aufgenommen und für das Projekt bereits eine jährliche Unterstützung von 100 000 Euro beantragt.