Das Nürtinger Sprechcafé im Evangelischen Jugendhaus soll – begleitet von Ehrenamtlichen – Menschen dabei helfen, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern.
Die deutsche Sprache zu lernen ist an sich schon eine große Herausforderung. Gleichzeitig ist es ein elementarer Bestandteil der Integrationsarbeit. „Sprache ist Teilhabe“, sagt Thomas Gollinger. Gemeinsam mit sieben weiteren Ehrenamtlichen hilft er anderen dabei, ihre Deutschkenntnisse im Nürtinger Sprechcafé zu erproben und zu verbessern.
Das Angebot des Integrationsbüros der Stadt Nürtingen und des Kreisdiakonieverbands Esslingen findet wöchentlich immer dienstags von 18 bis 19.30 Uhr in den Räumlichkeiten des Evangelischen Jugendhauses in der Steinenbergstraße 6 statt. Bereits vor einigen Jahren habe es etwas Ähnliches gegeben, erklärt Evi Handke vom Kreisdiakonieverband. Das Angebot – damals noch 14-tägig mit einem kleineren Team – sei aber immer weniger angenommen worden, weshalb es im Februar dieses Jahres neu aufgelegt wurde. Das Sprechcafé richtet sich an alle Interessierten, die ihre Deutschkenntnisse anwenden wollen. Dafür bedürfe es aber schon gewisser Grundkenntnisse, erklärt Gollinger. „Es ist kein Sprachkurs“, sagt er. Es gehe bei dem Treffen weniger darum, perfekt zu sprechen, als überhaupt zu sprechen. „Sprachliche Fehler sind kein Manko“, sagt Gollinger.
Die Gespräche drehen sich um Alltagsthemen
Der Sprechcafé-Abend beginnt gemeinsam in der Gruppe. Nach einer Vorstellungsrunde geht es für die Teilnehmer aus verschiedensten Herkunftsländern – beispielsweise der Türkei, Afghanistan, Italien oder der Ukraine –zunächst darum, anhand eines Bildes den inhaltlichen Schwerpunkt des Abends zu erraten. Die Themen bei den Treffen beziehen sich oft auf den Alltag, sagt Gabriele Roegers, die sich auch ehrenamtlich im Sprechcafé engagiert. Es geht um Essen, den Haushalt, die Arbeit, die Schule oder die Heimat. „Wichtig ist es, Sprechanlässe für die Leute zu schaffen“, sagt Roegers.
Das Thema dieses Abends ist der Herbst. Für manche der Teilnehmer ist es der erste in Deutschland. In Kleingruppen tauschen sie sich gemeinsam mit den Helfern über Jahreszeiten, passende Kleidung oder typisches Essen aus. Hierbei treffen Erfahrung und Bräuche aus den Herkunftsländern der Teilnehmer mit denen aus Deutschland zusammen. Das Herbstwetter ist für viele ungewohnt kühl, und das Konzept des Zwiebelkuchens kann die meisten nicht so recht überzeugen. Während sie ihre Deutschkenntnisse anwenden, lernen die Teilnehmer so auch etwas über das Land selbst.
Es entwickeln sich rege Unterhaltungen in den kleinen Gruppen. Manchem fällt das Sprechen einfacher, andere sind etwas ruhiger. Dennoch bekommt jeder seinen Sprechanteil. Manchmal muss ein Wort auch erklärt werden, oder es gibt noch eine Verständnisfrage. Auf den Gesprächsfluss hat dies jedoch keine Auswirkungen. Mit der Zeit trauen sich auch jene, die anfangs eher still waren, mehr zu und beteiligen sich reger am Gespräch.
Eine Bereicherung für Gäste und Ehrenamtliche
„Hier können sich die Leute begegnen und sich langsam annähern“, sagt Konrad Maier-Mohns, der ebenfalls Teil des Sprechcafé-Teams ist. Auch für die Helfer sei es eine Bereicherung. Auf der Suche nach verständlichen Erklärungen finde er selbst stets neue Wege, sich ausdrücken zu können, sagt Maier-Mohns. So entstehe gemeinsam etwas, von dem alle profitieren, sagt Gollinger.
Trotz der heiteren und lockeren Atmosphäre der Gespräche kommen auch immer wieder die Situationen in den Heimatländern einiger Teilnehmer auf. „Das Sprechcafé ist auch da, um es den Leuten zu erleichtern, hier Fuß zu fassen und Deutschland vielleicht auch irgendwann als Heimat zu empfinden“, sagt Maier-Mohns.