In Mannheim wird ein europaweit einmaliges Videosystem der Polizei installiert. Der Landesdatenschützer hat nichts dagegen. Doch nicht alle sind davon begeistert.

Als europaweit erste Stadt testet Mannheim seit Montag eine „intelligente Videoüberwachung“ zur besseren Bekämpfung der Straßenkriminalität. „Dabei geht es nicht um Gesichtserkennung, sondern um das Erkennen von Verhaltensmustern“, sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) in Mannheim. Zunächst startete die Videoüberwachung am Hauptbahnhof. Weitere Kriminalitätsbrennpunkte sollen innerhalb der kommenden Monate und Jahre folgen. Mannheim investiert 900 000 Euro für das System. Das Land Baden-Württemberg beteiligt sich mit weiteren 700 000 Euro.

 

Geplant ist, dass 72 Kameras verschiedene Plätze in der Innenstadt und dem Stadtteil Neckarstadt fokussieren. Getestet werden soll das System innerhalb der kommenden fünf Jahre, wie Mannheims Erster Bürgermeister und Ordnungsdezernent Christian Specht (CDU) sagte.

Das neue, verschärfte Polizeigesetz als Grundlage

Wird etwa ein Passant geschlagen, erscheint auf dem Bildschirm im Lagezentrum der Mannheimer Polizei ein Hinweis. Deren Präsident Thomas Köber betonte, dass Beamte auf Basis der Kamerabilder die Situation bewerten und über einen Einsatz entscheiden. „Es entscheidet nicht die Maschine, es entscheidet der Mensch.“ Stuttgart - Die Rechtsgrundlage für die „intelligente“ Videoüberwachung findet sich in der Ende vergangenen Jahres beschlossenen Neufassung des baden-württembergischen Polizeigesetzes. Der Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink monierte seinerzeit die in Teilen zu unscharfen Bestimmungen für diese Form der Videoüberwachung. Anlass zur Kritik sieht Brink derzeit jedoch nicht. Diese Videoüberwachung sei Kriminalitätsschwerpunkten vorbehalten; dass ein solcher vorliege, müsse statistisch nachgewiesen werden. Letztlich könne das System sogar zu einer Datenminimierung beitragen, weil nur, wenn die Videokamera eine gefahrenrelevante Situation feststelle, eine konkrete Beobachtung erfolge.

SPD: Sicherheit darf nicht vorgegaukelt werden

Allerdings macht der der SPD-Innenpolitiker Sascha Binder darauf aufmerksam, dass diese Videoüberwachung technisch noch unausgereift sei. Der Innenminister führe die Bürger hinters Licht, wenn er „den Eindruck vermittelt, er könne von jetzt auf gleich per Knopfdruck für mehr Sicherheit im Land sorgen und Ressourcen sparen“. Das Innenministerium hatte jüngst in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage Binders ausgeführt, 2018 seien lediglich „neben dem Start des Entwicklungsprozesses der Einsatz erster Algorithmen im öffentlichen Raum geplant“. Ex-Justizminister Ulrich Goll (FDP) warnt, der Einfluss von Videoüberwachung auf das Verhalten unbescholtener Bürger dürfe nicht unterschätzt werden. Kameras sollten auf Kriminalitätsschwerpunkte beschränkt bleiben. Irritiert vermerkt Goll, dass dem Innenministerium der Umfang der präventiv-polizeilichen Videoüberwachung im Land unbekannt sei.