Die Städte Ludwigsburg und Bietigheim-Bissingen stehen auch nach dem Ausstieg von Kornwestheim zur Kunstschule Labyrinth: Ein Vertrag unter neuen Voraussetzungen besiegelt die Doppel-Trägerschaft.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Kreis Ludwigsburg - Eines will Jürgen Kessing gleich mal klarstellen: „Wir sind nicht die Verbleibenden, wir sind die Ermöglicher.“ So kommentiert der Bietigheim-Bissinger Oberbürgermeister am Montag die Unterzeichnung des Kooperationsvertrages für die Kunstschule Labyrinth unter neuen Voraussetzungen. Aus der interkommunalen ist eine bilaterale Zusammenarbeit geworden, weil die Stadt Kornwestheim vergangenes Jahr aus der Trägerschaft ausgestiegen ist. Grund dafür war der dortige Haushaltskonsolidierungsprozess. Ludwigsburg und Bietigheim-Bissingen führen die Kunstschule, die sich die ästhetische Bildung von Heranwachsenden als Baustein der Persönlichkeitsentwicklung auf die Fahnen geschrieben hat, nun alleine weiter. Den Abmangel, den Kornwestheim bisher getragen hatte – rund 10 000 Euro – übernehmen beiden Städte künftig anteilig.

 

Die Kooperationen mit Kindertagesstätten und Schulen boomen

Neben den rund 2100 Kindern und Jugendlichen, die in der Ludwigsburger Karlskaserne oder im Bietigheimer Schloss bei Tanz-, Theater- oder Bildende-Kunst-Angeboten angemeldet sind, rückt für die Kunstschule zunehmend die ästhetische Bildung in Kindertagesstätten und Schulen in den Fokus. Sie stellen mittlerweile ein eigenes Geschäftsfeld der Einrichtung dar.

Die Mitarbeiterin, die diese Kooperationen in einer eigens geschaffenen halben Stelle betreut, wäre laut Jochen Raithel, dem Leiter der Kunstschule, auch auf einer 100-Prozent-Stelle gut ausgelastet. In Kitas und Schulen geht der Trend Richtung Ganztagsbetreuung. Je mehr sich der Alltag von Kindern aber dorthin verlagert, desto rarer werden die Zeitfenster der Familien, ihren Sprösslingen zusätzlich inspirierende Angebote angedeihen zu lassen. Zumal diese auch eine Frage der finanziellen Möglichkeiten sind.

Durch die Kita- und Schulkooperationen erreicht Labyrinth hingegen alle Schichten und kann damit ihr Quäntchen zur Bildungsgerechtigkeit im Kreis beitragen. Immerhin 1200 Mädchen und Jungen kamen über diese jeweils speziell aufs entsprechende Kita- oder Schulcurriculum zugeschnittenen Kooperationen zuletzt in den Genuss von Kunstangeboten. Können sie mit ihren Betreuern die angestammten die Ateliers, Bühnen oder Werkstätten der Kunstschule nicht aufsuchen, weil das Zeitkorsett zu eng oder der Weg zu weit ist, kommen die Labyrinth-Dozenten in die Schulen oder Kindergärten.

Oberbürger Werner Spec findet die Kunstschule unverzichtbar für den Wirtschaftsstandort

Jürgen Kessing sieht neben der Tatsache, dass die Kunstschule auf diese Weise den Horizont vieler Kinder erweitern und die Bekanntschaft mit neuen Ideen und Materialien ermöglichen kann, die Vorteile auch aus Perspektive des kommunalen Schulträgers. „Es ist nicht nur ein qualitativ hochwertiges, sondern im Gegensatz zu mancher Kooperation mit Einzelpersonen auch ein verlässliches Bildungsangebot“, findet der Rathauschef.

Mit dem wachsenden Ausbau dieses Feldes kompensiere die Kunstschule aber nicht etwa sinkenden Zuspruch im freien Angebot, hebt Jochen Raithel hervor. Im Gegenteil: Jahreskurse, Workshops und Ferienangeboten verzeichnen Teilnehmerzuwächse. So sei die Kunstschule 2016 mit rund 245 000 Euro Abmangel um fast 25 000 Euro unter Plan geblieben, berichtete der Labyrinth-Leiter. Den erwirtschafteten Eigenanteil habe die Kunstschule auf knapp 63 Prozent erhöht. 73 Prozent des Abmangels hatte bisher Ludwigsburg getragen – dort finden auch die meisten Angebote statt – , 20 Prozent Bietigheim-Bissingen und sieben Prozent Kornwestheim.

Die Stadt Kornwestheim denkt nicht an einen Wiedereinstieg

Der Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec wertet die Arbeit der Kunstschule als „herausragend gut“. Sie sei ein relevanter Faktor für eine familiengerechte Stadt und unverzichtbar für den Wirtschaftsstandort. Den Ausstieg Kornwestheims aus der Trägerschaft bedauern beide Oberbürgermeister. „Auch wenn die Stadt sparen muss: Sie vergibt sich durch diese Entscheidung Chancen“, findet Kessing. Stattdessen andere Kommunen mit ins Boot zu nehmen, sei denkbar, stehe aber derzeit nicht zur Debatte, sagte Spec. „Für andere Kooperationen sind wir grundsätzlich offen. Wir missionieren aber nicht.“

Für die Stadt Kornwestheim, die laut Auskunft von Pressesprecherin Eva Wiedemann durch ihren Rückzug rund 15 000 Euro pro Jahr einspart, ist eine Rückkehr in den Verbund keine Option. „Wir haben den Ausstieg, keine Pausierung, beschlossen“, sagt Eva Wiedemann.